Aus dem Kieler Rat

Endgültiger Beschluß: Abriß

Rat verweigert erneute Prüfung in Sachen Schwentineschule

Es war einmal eine Linde. Die stand zwar einer schönen neuen Straße mit breiten vier Spuren im Wege, doch sie war naturgeschützt. Und weil dem so war, sollte der Radweg der schönen neuen Straße um sie herumgeführt werden. Da war aber eine Ecke eines ebenfalls denkmalerischen Hauses, die ragte einen kurzen Meter in den geplanten Radweg, und so begab es sich, daß man beschloß, das Haus abzureißen. Es begab sich aber auch, daß irgendwer, man weiß nicht warum, die Linde statt eines kranken Baumes auf der geplanten Trasse fällte. Nun mußte der Radweg eigentlich nicht mehr um die Linde herum, das Haus hätte stehen bleiben können. Eigentlich ...

Die Grünen hatten schon im Bauausschuß angefragt, ob wegen der neuen Sachlage der Abriß der Schwentineschule nicht noch einmal überprüft werden müsse (LinX berichtete). Solch' lästige Nachfrage hatte man dort aber abgebügelt mit dem Hinweis, der Ausbau der neuen B 502 solle nicht weiter verzögert werden. Daß dies nicht der einzige Grund für die Weigerung ist, in Sachen Schwentineschule nochmals zu überlegen, mutmaßte der grüne Ratsherr Kluth in der Ratsversammlung vom 11.6. Im Bauausschuß sei geäußert worden, man wolle mit der Schwentineschule "keine zweite Schwentineflotte" (Anm. der Red.: Um die vor dem Geomar-Kai liegende Flotte von sich selbst organisierenden Eignern alter Schiffe hatte es eine jahrelange Auseinandersetzung gegeben) haben und auch "keinen zweiten Aubrook" (Anm. der Red.: Wagensiedlung am Aubrook, der Stadt seit langem ein Dorn im Auge). Ferner, so Kluth weiter, entspreche das Künstlerhaus Schwentineschule mit seinem kulturellen Angebot "wohl nicht der Mainstream-Kultur einiger im Rat". Das sei umso trauriger, als Kiel nicht gerade "den Ruf einer Kulturhauptstadt" habe. Ansätze dazu, wie z.B. im Künstlerhaus, seien "nicht beliebig verpflanzbar".


Noch steht sie ­ Schwentineschule (Foto: jm)

CDU-Ratsherr Wunder fand es "unerträglich, daß immer wieder neu diskutiert" werde, obwohl doch bereits bei Zurverfügungstellung der Schwentineschule für die Künstler klar gewesen sei, daß das Haus irgendwann abgerissen werde, und die Nutzung daher zeitlich begrenzt sei. Sachlich ist das zwar falsch, denn der Abrißbeschluß fiel erst nach der Vermietung, aber die Wahrheit ist bei der CDU eben eine biegsame Sache. SUKs Wolfgang Kottek plädierte für eine Erhaltung der Schwentineschule, "wenn's denn irgendwie geht". Eine neue Planung dürfe nur keine Mehrkosten erzeugen: "Lange Verfahren und Diskussionen können wir uns nicht mehr leisten". "Wenn's denn irgendwie geht", schien aber nicht ernst gemeint, denn auch die SUK stimmte gegen den Antrag der Grünen auf erneute Prüfung. Stattdessen hatte sie einen eigenen Antrag eingebracht, der den OB beauftragen sollte zu prüfen, ob das Objekt ­ bei Erhalt ­ ohne Kosten für die Stadt an die jetzigen NutzerInnen verkauft werden könnte.

Cai Uwe Lindner gab kurz und bündig den Standpunkt der SPD zum besten: "Das Thema ist inhaltlich ausgereizt. Es darf keine weiteren Verzögerungen beim Ausbau der B 502 geben." Ähnlich äußerte sich Stadtbaurat Flagge. Die Ratsversammlung könne natürlich alles neu beschließen, "technisch ist alles möglich" (!), aber "dann sehen wir uns frühestens in drei Jahren hier wieder".

Hartmuth Kluth setzte noch ein letztes Mal nach: Es gehe den Grünen gar nicht darum, den Ausbau der B 502 zu verhindern. Vielmehr müsse der B-Plan nur "im Detail" geändert werden. Für den Schallschutz der Anlieger auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Flagge hatte in einer früheren Ratsversammlung mit den Schallreflektionen durch das Gebäude dessen Abriß gerechtfertigt) müsse die Schwentineschule nicht abgerissen werden. Es genüge, die ohnehin geplante Schallschutzwand zu verlängern. Dies sei nach dem Fällen der Linde kein Problem mehr.

Aber solchen rationalen Argumenten war die Mehrheit der Ratsversammlung nicht mehr zugänglich (wenn sie es denn je war) ­ "technisch möglich" (Flagge), allein, es fehlt der Wille. Die neuerlichen Prüfaufträge von Grünen und SUK wurden niedergestimmt. "Das ist also Demokratie?" tönte es von der Zuschauertribüne. Wahrlich, das soll sie sein. Freilich mußte die Ratsversammlung nach Beratung des Rechtsamts die Abstimmung der alternativen Anträge von SUK und Grünen wiederholen, weil man sie nicht alternativ abgestimmt hatte, sondern einzeln. Die "Volksvertreter" sind halt nur Ehrenämtler und daher in Sachen Demokratie nicht sonderlich geübt.

(jm)