Gewerkschaftsticker

Führende Gewerkschafter in Niedersachen haben Gerhard Schröder (SPD) vorgeworfen, nichts für die Schaffung von Lehrstellen getan zu haben. Im vergangenen Jahr seien in Niedersachsen 3.000 Bewerber ohne Ausbildungsplatz geblieben, in diesem Jahr werde die Zahl weiter anwachsen, sagten die Bezirksvorsitzenden von ÖTV und DAG. Niedersachsen bilde gemeinsam mit Berlin das Schlußlicht aller Bundesländer im Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei den Lehrstellen, sagte Fricke (ÖTV). Auch hätten beide Länder noch keine finanziellen Programme zur Förderung der Berufsausbildung entwickelt. Wenn Schröder als SPD-Kanzlerkandidat "vollmundig ein Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit ankündigt und als Ministerpräsident ein solcher Schritt an seiner Verweigerung scheitert, dann ist diese Politik wenig glaubwürdig", sagte Denia (DAG).

Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres fehlen nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit noch 20.000 Lehrstellen.

Der DGB fordert Maßnahmen gegen die zunehmende Aushöhlung des Sozialstaates und der Arbeitnehmerrechte. Lohndumping, Umgehung und Hinterziehung von Steuern und Sozialbeiträgen, Umgehung der Betriebsratsrechte sowie Tarifflucht gehörten inzwischen zu den Gewohnheiten auch scheinbar seriöser Unternehmen, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Kefer.

IG-Metall-Chef Zwickel will in der nächsten Tarifrunde deutliche Lohnerhöhungen für die 3,4 Mio. Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie durchsetzen. Die Gewinne der Metallindustrie sprächen für "ein Ende der Bescheidenheit", erklärte Zwickel. Seit 1993 seien die Gewinne netto von 1,1 auf über 34 Mrd. DM gestiegen. Gleichzeitig seien 500.000 Arbeitsplätze abgebaut worden. Gewinnexplosion und Lohnzurückhaltung hätten nicht zu mehr Beschäftigung geführt.

Ein Ende des Stellenabbaus in der deutschen Bauwirtschaft ist noch nicht in Sicht. 1998 und 1999 gehen nach Einschätzung des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung (München) insgesamt weitere 100.000 Arbeitsplätze verloren.

Aus Protest gegen drohende Massenentlassungen sind in München nach Angaben des Betriebsrats rund 150 Mitarbeiter der Computerfirma Digital Equipment GmbH in Warnstreik getreten. "Im Haus ist fast niemand", sagte die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Ingrid Mai bei der Kundgebung. Nach der Übernahme von Digital durch den US-Konzern Compaq befürchten IG Metall und Betriebsrat, das neue Management wolle jeden dritten der etwa 2.600 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen.

Sondereinheiten der südkoreanischen Polizei haben vorletzte Woche die sechs Fabriken des größten Autozulieferers des Landes gestürmt, um einen seit zwei Wochen andauernden Streik zu beenden. Mehr als hundert Arbeiter seien festgenommen worden, sagte ein Sprecher der Firma Mando. Die Polizei habe Tränengas gegen die Streikenden eingesetzt. Der größte Polizeieinsatz wurde aus der Hauptfabrik von Mando in Pyongtaek gemeldet, rund 70 km südlich von Seoul. Die Arbeiter hatten den Streik am 17.8. begonnen, um gegen die geplante Entlassung von mehr als tausend Kollegen zu protestieren. Sie hatten sich auf den Fabrikgeländen verbarrikadiert, die Produktion an allen sechs Standorten mußte eingestellt werden.

(hg)