Kultur

Ausstellung:

"Die Novemberrevolution 1918 in Kiel"

In der Kieler "Pumpe" wurde am 25.10. eine Ausstellung eröffnet, die laut Ankündigung "in Originaldokumenten, Fotos und weiteren zeitgeschichtlichen Gegenständen die Tage der Revolution im November 1918 in Kiel" zeigen soll. Sie wurde zusammengestellt von K. H. Altewolf (SPD), dem Kulturausschußvorsitzenden der Stadt Kiel.

Eine sehenswerte Ausstellung

Die Ausstellung, die noch zwei Wochen lang zu besichtigen ist - also auch während der Fachkonferenz zur Novemberrevolution am 31.10. - zeigt v.a. Zeitungen und Flugblätter vom Beginn des 1. Weltkrieges 1914 bis zur Einberufung der Nationalversammlung im Jahre 1919 in Originalausgaben. Daneben einige, v.a. alte, Publikationen, die sich mit der Novemberrevolution befassen, sowie das Tagebuch eines Soldaten, der damals dabei war. Auch seine rote Armbinde und Kokarde fehlen nicht. Ergänzt wird der Dokumententeil durch einige Tafeln mit erläuterndem Text und einigen Fotokopien. Fotos gibt es allerdings nur wenige.

Eine interessante Ausstellung, kein Zweifel. Ich hatte damit gerechnet, unter den Zeitungen auch einige Ausgaben der in Kiel erschienenen sozialdemokratischen Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung zu finden - leider waren keine dabei. Nicht im Original, aber als Kopie werden am 31.10. wenigstens zwei Titelseiten dieser Zeitung die Ausstellung abrunden: Die eine vom 12.3.1914 mit einem Leitartikel ("Kriegshetze") gegen den drohenden Krieg und die vom 5.8.1914 mit der fetten Überschrift "Kampf für Kultur und Freiheit!" Das Kieler SPD-Organ war blitzschnell umgeschwenkt zu begeisterter Vaterlandsverteidigung und griff dankbar die Verlautbarungen des kaiserlichen Militärs auf, Schuld am Krieg habe v.a. der russische Zar - der Zarismus war in der gesamten europäischen Arbeiterbewegung besonders verhaßt.

Eine etwas bösartige Anmerkung

Als sinnvolle Ergänzung der Ausstellung und Beispiel für die Kultur, die die "Volkszeitung" verteidigt wissen wollte, könnte auch ein bereits am 8.8.1914 in diesem Blatt veröffentlichtes Gedicht dienen, das von einem Sozialdemokraten, der sich "ein roter Freischärler" nennt, unter dem Titel "Den kämpfenden Proletariern" verfaßt wurde.

Das führt jetzt ein bißchen weg von der Ausstellung, soll aber den LeserInnen der LinX dennoch nicht erspart bleiben. Sie müssen sich eh in den nächsten Wochen auf weitere, einzelne Ausschnitte des Kriegs- und Revolutionsgeschehens beleuchtende Artikel gefaßt machen. Also heißt es an besagter Stelle:

"Vor an die Front, du deutscher Proletar / Ruft ernst und ehern dich das Schicksalsjahr / Laß Spatzen, Sense, Axt und Hammer ruhn - / Jetzt heißt es einmal, andere Arbeit tun.

So zaudre nicht, du deutscher Proletar! / Es fliegt dir kühn voraus der deutsche Aar - / Es droht der britsche Löwe überm Meer, / Es droht der gallsche Hahn, der Russenbär.

Nun tritt hervor, du deutscher Proletar, / Die Knie fest, das Auge kühn und klar! / Ob unabsehbar auch der Feinde Reihn - / Dein stolzer Heldenmut soll größer sein!

Heut bist du Richter, Rächer Proletar! / Die Rechnung mach dem blutgen Henkerzar. / Stürz der Barbaren tönernen Koloß, / Zerschmettre des Despoten Schergentroß!

Und stolz sei, namenloser Proletar! / Du lachst der Schrecken - und du zahlst in bar; / Nun zeige ihnen, wie du schießt und haust - / Heut macht Geschichte deine Schwielenfaust!

Nun unaufhaltsam vorwärts, Proletar, / Kultur und Vaterland sind in Gefahr! - / Die Fahne fliegt, der Weltenkampf beginnt - / Es geht für Freiheit, Heimat, Weib und Kind!

Drum Heil und Sieg dir, Retter Proletar; / Heut ist Alldeutschland eine Brüderschar! / Zum heilgen Schwure hebt sich jede Hand: / Sieg oder Tod! Hoch deutsches Vaterland!"

Zurück zur Ausstellung: Manchmal wird eben die Freude über das, was man sieht, etwas geschmälert durch das so auffällig Unsichtbare. Daß die genannten Zeitungen im Original nicht mehr greifbar waren, mag sein. Aber, wie gesagt: Bestandteil der Ausstellung sind auch etliche Kopien. Wie Altewolf berichtete, ist die Ausstellung auch schon auf einem SPD-Parteitag gezeigt worden. Da hätte das wohl eher gestört.

Wie auch immer - mein Tip: Geht in die Pumpe, seht euch die interessante Ausstellung an und nehmt sie am besten als Anregung, euch etwas intensiver mit dem damaligen Geschehen zu befassen. Das entspräche, davon bin ich immerhin überzeugt, auch der Intention K. H. Altewolfs. (D.L.)