Internationales

EU-Gipfel:

Mobilisierung läuft an

Wie berichtet finden im Juni nächsten Jahres zwei internationale Großveranstaltungen in Köln statt: Anfang des Monats zunächst der EU-Gipfel, dann nur zwei Wochen später das G7-Treffen der größten Industrienationen (USA, BRD, Italien, Frankreich, Japan, Großbritannien und Kanada).

Inzwischen haben sich zwei Bündnisse zusammengefunden, die eine Gegenmobilisierung vorbereiten. Das eine ist ein breiteres, das neben kirchlichen Kreisen, die für eine Entschuldungskampagne für die ärmsten Entwicklungsländer eintreten, über grün-alternative Jugend bis hin zur Euromarschkoordination und unabhängigen Linken reicht. Das andere wird von der Ökologischen Linken dominiert, die sich von den "Reformisten" abzugrenzen versucht. Da aber die inhaltlichen Unterschiede kaum faßbar sind und letzteres Bündnis personell nicht so stark besetzt ist, besteht durchaus noch Hoffnung, daß man zu gemeinsamem Vorgehen gelangt.

Das erstgenannte "Bündnis gegen EU- und Weltwirtschaftsgipfel" hatte vom 30.10. bis zum 1.11. nach Köln zu einer Vorbereitungskonferenz geladen, an der auch eine ganze Reihe internationaler Gäste aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Belgien, Dänemark, den Niederlanden und einigen osteuropäischen Ländern teilnahmen.

Im Abschluß-Kommuniqué heißt es u.a.: "VertreterInnen zahlreicher Initiativen und Organisationen einigten sich auf die Durchführung eines europäischen Vorbereitungskongresses am 23./24.1.99, eine Großdemonstration am 5.6., auf Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung nach Köln, einen Gegengipfel zum offiziellen Regierungsgipfel und ein Aktionscamp zwischen dem EU- und dem Weltwirtschaftsgipfel.

Die TeilnehmerInnen der vom 'freien zusammenschluß von studentInnenschaften' (fzs) und den 'Europäischen Märschen gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung' organisierten Vorbereitungskonferenz wollen mit ihren Aktivitäten den außerparlamentarischen Druck auf die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten sowie die EU-Gremien verstärken. Trotz der Majorität der sozialdemokratischen Regierungen in der EU werden nach wie vor Konzepte neoliberaler Globalisierung vorangetrieben. Soziale und rassistische Ausgrenzung, Umweltzerstörung, Knechtung und Verelendung der armen Länder sind auch nach den Regierungswechseln in Frankreich, England und Deutschland ungebrochen.

Der Januarkongreß richtet sich insbesondere gegen die neoliberale 'Harmonisierung der Beschäftigungspolitik' in Europa, die europaweit den Kombilohn einführen und den Billiglohnsektor ausweiten will.

Dem halten z.B. die Euromärsche Forderungen nach einer europäischen und gesetzlich festgeschriebenen 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich (mit der Perspektive einer Höchstarbeitszeit von 30 Stunden in der Woche) und einem garantierten existenzsichernden Mindesteinkommen entgegen. Insbesondere richtet sich das Netzwerk Euromarsch gegen die Ausgrenzung von Flüchtlingen und MigrantInnen vom Arbeitsmarkt und aus dem gesellschaftlichen Leben, gegen Kriminalisierung und Abschiebung. Nicht hinnehmbar sind zudem untertarifliche Löhne bei der Einstellung von Jugendlichen. Stattdessen sollen sozial geschützte und qualifizierte Ausbildungsplätze geschaffen werden.

Zum Kongreß am 23./24.1. werden 700 TeilnehmerInnen aus allen europäischen Ländern und verschiedenen sozialen, antirassistischen und gewerkschaftlichen Netzwerken und Organisationen erwartet. Dort soll ein europaweiter Aufruf für die Aktivitäten gegen den EU-Gipfel erarbeitet werden, der die untrennbare Verbindung zwischen sozialer Frage und Rassismus zur Sprache bringt und die besondere Situation von Frauen berücksichtigt.

(...) Weitere Fragen werden auf einem Treffen nach der Wiener Demonstration am 12.12.98 beraten. Diese internationale Aktion anläßlich des EU-Gipfels mit dem Schwerpunkt 'Beschäftigungspolitik' soll ebenfalls für die Mobilisierung zum Januarkongreß und den Gipfel-Aktivitäten in Köln beitragen.

Das internationale Netzwerk Peoples Global Action (PGA) plant im Juni '99 eine Tour von 500 indischen Bäuerinnen, Bauern und Landlosen durch Europa, die sich gegen die Politik transnationaler Konzerne richtet. Sowohl von Seiten des Anti-EU-Bündnisses als auch von PGA ist der Wunsch nach gemeinsamen Aktionen, z.B. im Rahmen der Märsche, geäußert worden."

Besonders die französischen und belgischen Arbeitsloseninitiativen wollen, anders als beim Amsterdamer Gipfel, keine monatelangen Sternmärsche organisieren (wohl aus organisatorischen Gründen), sondern konzentrieren auf einen großen zweiwöchigen Marsch von Brüssel nach Köln. In Deutschland gibt es allerdings weiter das Bedürfnis nach Sternmärschen, wie eine Woche später auf einem Treffen der hiesigen Euromarschkoordination deutlich wurde. Nach einigem Hin-und-Her einigte man sich auf vier grobskizzierte Marschsäulen, die allerdings dezentrale Aktionen nicht ausschließen sollen. Angestrebt wird vielmehr, überall breite örtliche und regionale Bündnisse zu gründen, die nicht zuletzt auch Flüchtlings- und Migrantengruppen einschließen sollen. Auf dem Kölner Treffen war auch die "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" vertreten. Nicht aufgegeben ist auch die Idee, die Märsche zumindest in den Nachbarländern beginnen zu lassen. Nach Prag und Dänemark gibt es bereits Kontakte.

Zum Gegengipfel heißt es im Kommuniqué: "Der Gegengipfel vom 3. bis zum 7.6. soll Alternativen für ein anderes Europa befördern und die Rolle der EU im internationalen Machtgefüge zur Sprache bringen. Er wird sich u.a. mit dem Nachfolgevertrag des Lomé-Abkommens beschäftigen, der nach dem Willen der EU-Kommission die neoliberalen Marktstrategien in die ehemaligen Kolonialstaaten exportieren und sie für diese Länder festschreiben soll. Er wird neben dem deutschen Vorbereitungskomitee von einem internationalen Netzwerk, das bereits die Gegengipfel in Amsterdam und Cardiff vorbereitet hat, organisiert. Der internationale Alternativgipfel soll verschiedene soziale Bewegungen unterschiedlicher Länder zusammenbringen und zur Verknüpfung ihrer Proteste beitragen und will den Opfern des Kapitalismus auch aus nicht-europäischen Ländern eine Stimme geben."

Die Januarkonferenz wird den Gegengipfel auch inhaltlich mit einer Reihe Arbeitsgruppen vorbereiten. U.a. wird die "Karawane" eine Diskussionsrunde anbieten. Geplant sind weiter AGs über Beschäftigungspolitik (dann wird wahrscheinlich schon ein gemeinsamer Vorschlag Blairs, Jospins und Schröders vorliegen), zur Grundsicherung, Osterweiterung und zum Lomé-Abkommen.

(wop)