Betrieb & Gewerkschaft
Der Ladenschluß ist mal wieder im Gerede, erhitzt die Gemüter und spaltet. Doch die Gräben verlaufen nicht zwischen den gewohnten Lagern. Einzelhändler verbünden sich mit Gewerkschaften, während sich linke Jobber mit dem Sophienhofmanager und anderen Flexibilisierungs-Fetischisten in einem Boot wiederfinden. Schichtarbeiter finden "toll", daß sie auch nach der Arbeit einkaufen können, und vergessen darüber, danach zu fragen, was das denn eigentlich für Arbeitsbedingungen sind, die sie aus dem gesellschaftlichen Leben ausgrenzen. Wer denkt schon mit 20 daran, daß er nach 30 Jahren Wechselschicht kaum noch Chancen hat, das Rentenalter zu erreichen. Dabei könnte der Blick in das bleiche Gesicht der Verkäuferin an der Aldi-Kasse mehr Einsicht bringen, als so manches HBV-Flugblatt.
Die Landesregierung ficht das alles wenig an. Sie hat im Bundesrat eine Initiative zur Aufhebung des Ladenschlußgesetzes gestartet. Die zuständige Ministerin Moser findet es "banal", eine "Debatte über die gesellschaftliche Bedeutung von Feiertagskultur" am Ladenschlußgesetz festmachen zu wollen. Die Grünen weisen zwar auf verschiedene negative Aspekte der bisherigen Aufweichung hin, wie etwa die Zunahme der 620 DM-Jobs und der Abbau von Arbeitsplätzen, sprechen sich jedoch für einen gestaffelten Ladenschluß aus, um Bahnhofgeschäfte und kleine Familienbetriebe zu stärken. Die Gewerkschaften HBV und DAG protestieren dagegen geharnischt.
Die Tinte auf ihrem Protest war kaum getrocknet, da prescht Spar-Gansel vor und verfügt in einsamen Beschluß, daß am 5.12. die Geschäfte bis 21 Uhr geöffnet haben "dürfen". Sophienhofmanager Jürgen Steinacker hatte es gefordert und es gleichzeitig den ca. 80 Betrieben in seinem "Center" vorgeschrieben. Die haben jetzt keine Wahl und viele andere auch kaum, wollen sie nicht Umsatzeinbußen erleiden. Bemerkenswert Gansels Argument: "Die Kieler City muß sich gegen die Konkurrenz aus dem Umland behaupten können." Bleibt die Frage, wann dieses nachzieht und wo dieser Konkurrenzwettlauf enden soll. Wenn ganz Kiel eine überdachte 24-Stunden-Shoppingmal ist?
(wop)