Antifaschismus

Bündnis Rechts - Kandidatur von militanten Neofaschisten

Der verhinderte Nazi-Aufmarsch in Lübeck-Moisling ist vom sog. "Bündnis Rechts für Lübeck" im Rahmen seiner Kandidatur zur Lübecker Bürgerschaft organisiert worden. "Bündnis Rechts" ist ein Zusammenschluß zahlreicher Naziparteien, u.a. der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH). In diesem Bündnis sind geübte Hetzer und Demagogen wie der ehemalige DVU-Landtagsabgeordnete Ingo Stawitz ebenso vertreten wie Anführer von Schlägerbanden wie der ehemalige Vorsitzende der verbotenen Nationalen Liste (NL), Thomas ("Steiner") Wulff.

Gezielt in Lübeck will der braune Haufen seine Aktivitäten konzentrieren. Lübeck - die Stadt mit einer unrühmlichen Serie von Nazigewalt - eignet sich u.a. als rechtes Testgebiet, weil bei der letzten Landtagswahl immerhin über 6% der abgegebenen Stimmen auf die DVU entfielen. Zudem gibt es gute Kontakte zu den örtlichen Republikanern, die auf eine eigenständige Kandidatur verzichten.

Vorsitzender des rechten Wahlbündnisses ist der städtische Mitarbeiter Dieter Kern, der auch in der NPD und der DLVH tätig ist. Auf Bundesebene wird der bundesweite Zusammenschluß "Bündnis Rechts für Deutschland" u.a. von der NPD und seiner Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) forciert. Darüber hinaus ist, wie schon erwähnt, die DLVH unter Ingo Stawitz beteiligt, die nach der Wahlniederlage bei den schleswig-holsteinischen Landtagswahlen ihren Parteienstatus aufgegeben hat.

Im BDM-Look: Frauenorganisation des FVB (Foto: Enough is enough)

Auf Bundesebene beteiligt sich auch der "Bund für Gesamtdeutschland - Ostdeutsche, Mittel- und Westdeutsche Wählergemeinschaft/Die neue deutsche Mitte" (BGD) am Rechtsbündnis. Der BGD vertritt revanchistische Positionen und sieht sich als "letzte Möglichkeit", eine angemessene Vertretung für über 10 Millionen deutsche Heimatvertriebene und über 2 Millionen Aussiedler mit deren Nachkommen zu schaffen. Durch ihre "Aktion Privateigentumssicherung" versucht er, Ansprüche jenseits der "Oder-Neiße-Linie" zu bündeln.

Der militanteste Teil des "Bündnisses Rechts für Deutschland" besteht aus sog. "Freien Nationalisten", vor allem aus dem Spektrum der verbotenen "Nationalen Liste" (NL), der "Sauerländischen Aktionsfront" (SAF) und des "Freiheitlichen Volksblocks" (FVB).

Die NL trat bis zu ihrem Verbot am 24.2.95 vor allem als Organisatorin bundesweiter Demonstrationen und Veranstaltungen auf. Vor allem ist hier die Vorbereitung der jährlichen "Rudolf-Heß-Gedenkmärsche" zu nennen. Darüber hinaus beteiligte sie sich an der Anti-Antifa-Kampagne und gab eine eigene Publikation (Index) heraus.

Die SAF gehört zu den aktivsten und zahlenmäßig größten neonazistischen Regionalstrukturen in NRW. Kaum ein überregionaler neonazistischer Aufmarsch oder eine zentrale Veranstaltung in der BRD, bei der sie nicht anzutreffen ist. Bundesweit hat sie ein gewichtiges Wort mitzureden, was sich u.a. bei der Planung und Durchführung des "Rudolf-Heß Gedächtnismarsches" 1996 und der Debatte der Neonazi-Szene um die Entwicklung und den Führungsanspruch der "Jungen Nationaldemokraten" gezeigt hat. Relativ früh hat die SAF auf das Konzept der "Autonomen Kameradschaften" umgesattelt. Die neonazistische Skinhead-Szene und aufgelöste Verbände neonazistischer Parteien, die auch schon vor den Parteiverboten eng verbunden waren, vernetzten sich zunehmend und konnten ohne große Beeinträchtigung ihre Aktivitäten fortsetzen und ausbauen. In dem Publikationsorgan der SAF, der "Freien Stimme", erschien letztes Jahr ein Artikel über den Polizistenmörder Kay Diesner mit dem Titel "Kay Diesner - Kriegsgefangener des Systems", in dem über die Verdienste von Kay Diesner in der Anti-Antifa berichtet wurde (LinX berichtete).

Neonazi-Funktionär Dieter Kern

Der FVB kommt ursprünglich aus dem Süden der Bundesrepublik und versucht seit einem knappen Jahr, in Schleswig-Holstein Fuß zu fassen. Gegründet wurde sie vom ehemaligen Mitglied der inzwischen verbotenen Nationalistischen Front, Thomas Scharf. Die Gruppe tritt - wie das historische Vorbild SS - schwarz uniformiert auf und hat eine eigene Frauengruppe, die "Frauenfront". Die Anhänger des FVB sind der militanten Neonazi-Szene zuzuordnen und traten erstmals massiv bei der Nazi-Demonstration in Bad Segeberg am 24.5.97 auf. Lokale Strukturen des FVB gibt es in Eutin-Fissau und evtl. im Pinneberger Raum. Die Fissauer Kameradschaft wird von Sven Lörchner geleitet. Ein Demonstrationsversuch des FVB am 4.10.97 in Lübeck wurde von AntifaschistInnen behindert. Letztlich nahm die Polizei die etwa 40 Anhänger des FVB für einige Stunden in Gewahrsam.

Im norddeutschen Raum unterstützen u.a. noch die rechtsradikale "Initiative gegen Drogenfreigabe" (Henstedt-Ulzburg), die "Kameradschaft Nordmark" und die "Jugendinitiative Kreis Rendsburg-Eckernförde" das "Bündnis Rechts".

Im Falle eines Scheiterns bei der Kommunalwahl in Lübeck will sich das "Bündnis Rechts für Lübeck" nach Berichten der Lübecker Nachrichten auflösen. Das Vermögen der Wahlgruppierung soll der "Hilfsgemeinschaft für Nationale Gefangene" (HNG) gespendet werden. In den "Nachrichten der HNG" wird u.a. Kay Diesner als nationaler Gefangener aufgeführt, der Brieffreundschaften sucht.

(usch)