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Lübecker Brandanschlag jährt sich: Nie aufgeklärt

Am 18. Januar jährt sich zum zehnten Mal die folgenschwere Brandstiftung in einem Lübecker Flüchtlingsheim. In der etwas abseits gelegenen Neuen Hafenstraße ging am 18. Januar 1996 in den frühen Morgenstunden ein Mehrfamilienhaus in Flammen auf. Zehn Flüchtlinge kamen in dem Feuer ums Leben. Dass das Feuer vorsätzlich gelegt worden war, stand schnell fest. Der Verdacht auf einen rassistischen Hintergrund der Tat lag in der aufgeheizten Stimmung jener Jahre nahe. So gab es schon bald mehrere große Demonstrationen, die die Solidarität mit den Opfern bekundeten. Die Lübecker Staatsanwaltschaft konzentrierte sich jedoch auf eine andere „Spur“. Mit fragwürdigen Konstruktionen versuchte sie einem der Überlebenden, einen jungen Libanesen, der mit seinen Eltern und Geschwistern in dem Haus gewohnt hatte, die Tat anzuhängen. 60 Verhandlungstage musste dieser über sich ergehen lassen, bevor er vom Lübecker Landgericht freigesprochen wurde. Für die Staatsanwaltschaft war das jedoch kein Grund, endlich nach den wahren Tätern zu suchen. Vielmehr ging sie in Revision, um zwei Jahre später erneut Schiffbruch zu erleiden. Die langwierigen Gerichtsverhandlungen brachten unter anderem zu Tage, dass die Lübecker Kripo äußerst schludrig den Brandort untersucht hatte.

So hatte man den Schutt im Eingangsbereich einfach zusammengekehrt, ohne ihn einer gründlichen Spurensicherung zu unterziehen. Daher konnte zum Beispiel nie festgestellt werden, ob dort vielleicht Scheiben eingeschlagen worden waren, um ins Haus zu gelangen. Auch um eine Leiche, die dort lag, hatte man sich nicht weiter gekümmert, obwohl sie offensichtlich nicht an den Folgen des Brandes gestorben war. Eine internationale unabhängige Untersuchungskommission, der auch Beate Clarsfeld angehörte, hatte sich seinerzeit, angesichts der vielen Merkwürdigkeiten der Ermittlungen, um den Fall gekümmert. Die Landesregierung – seinerzeit von SPD und Grünen gestellt, gab sich alle Mühe, den Kontakt mit den internationale angesehenen Persönlichkeiten zu vermeiden und den Justizskandal auszusitzen. Zu den vielen Ungereimtheiten gehörte eine Spur, die zu einigen jungen Männern aus Grevesmühlen führte, aber nie richtig verfolgt wurde. Die Vier waren einige Tage nach der Tat zunächst festgenommen worden, weil sie in der Tatzeit in der Nähe des Hauses waren. Bei ihrer Überprüfung fand man an ihrem Körper frisch versengte Haare. Dennoch wurde das Ermittlungsverfahren bald eingestellt. Die Überlebenden mussten unterdessen noch Jahre warten, bevor endlich eine gesicherte Aufenthaltsgenehmigung bekamen und nicht mehr vor der drohenden Abschiebung zittern mussten. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin hatte sich dagegen eher Sorgen um die Lübecker Bürger gemacht, die ihr so leid taten, weil ihre Stadt schon wieder mit negativen Schlagzeilen aufgefallen war. (Einige Monate zuvor hatte es in der Travestadt einen Brandanschlag auf eine Synagoge gegeben.) In Lübeck wird in den kommenden Tagen mit verschiedenen Veranstaltungen an die seinerzeitigen Vorfälle erinnert. Siehe Terminkalender (wop)