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Hartz IV Empfänger  als Erntehelfer?

Eine gute Nachricht für „verhartzte“ Fitnessfanatiker, die sich den Besuch im Fitnessstudio oder die Mitgliedschaft in einem Sportverein von ALG-2 nicht mehr leisten können. Wenn es nach unserem neuen Bundesarbeitsminister geht, dann werden jetzt einige zehntausend Hartz IV Empfänger die Möglichkeit erhalten auf Kosten der Bundesagentur an Fitnesskursen teilzunehmen. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass diese Kurse auf ein paar Wochen befristet sind, und sie hinterher die Kosten dafür als billige Erntehelfer wieder abarbeiten müssen. Hintergrund ist ein Vorstoß Münteferings, der den Bauern nur noch erlauben will 90% der bisher etwa 320.000 hauptsächlich osteuropäischen Saisonarbeiter beschäftigen zu dürfen. Das soll dazu führen, dass etwa 32.000 ALG-2 Empfänger zum Ernteeinsatz von der Bundesagentur vermittelt werden sollen. Ein ähnlicher Versuch war Ende der Neunziger kläglich gescheitert, da nur etwa 20% der damals zwangsverpflichteten Arbeitslosen den körperlichen Anstrengungen der Feldarbeit gewachsen war. Die anderen ließen sich entweder nach wenigen Tagen krank schreiben oder erschienen einfach nicht mehr zur Arbeit. Deshalb sollen diesmal vor dem Ernteeinsatz Fitnesskurse durchgeführt werden. Zu erwähnen ist zudem, dass Löhne für Erntehelfer nur etwas über 5 Euro die Stunde liegen, brutto versteht sich. Nur so nebenbei bemerkt, als ich während meines Studiums Mitte der 70er Jahre in den Semesterferien als Erntehelfer hier in Schleswig-Holstein arbeitete, erhielt ich 10 DM die Stunde, was vor 30 Jahren kein schlechter Zuverdienst zum BAFÖG war.  Von dem, was dem  Hartzer allerdings heute netto übrig bleibt, darf der nur 100 Euro behalten, der Rest wird zu 80% vom ALG-2 abgezogen. Dafür muß er dann bis zu 7 Tage die Woche von morgens bis abends schwere körperliche Arbeit verrichten, natürlich ohne Überstunden- oder Feiertagszuschlag, für die Fahrt von und zum Acker aufkommen und sogar noch seine eigenen Gummistiefel und Regenkleidung mitbringen, wenn es regnet. Hinzu kommt, dass sicherlich ein Teil der zum Ernteeinsatz auserkorenen erst gar nicht erscheinen oder nach kurzer Zeit schlapp machen werden, so dass man ihnen die Hilfe zum Lebensunterhalt kürzen kann. Die Fallmanager bei der Arge werden sicherlich genug Kandidaten auswählen, die als renitent gelten, beispielsweise diejenigen, die gegen Bescheide Widerspruch eingelegt haben oder anderweitig aufgefallen sind. Ich jedenfalls kann es keinem verdenken, wenn jemand sich weigert für so einen Hungerlohn 50 bis 70 Stunden die Woche schuften zu müssen. Das wird die Große Koalition dann sicherlich propagandistisch ausschlachten, so wie es Müntes Vorgänger Clement schon begonnen hat, nämlich Arbeitslose sind nichts anderes als Parasiten und Sozialbetrüger, die nur zu faul zum Arbeiten sind. Naja, viel Bewegung an der frischen Luft soll ja gesund sein, die große Koalition braucht schließlich Erfolgsmeldungen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und kann so auch noch den Lohn- und Sozialabbau weiter propagandistisch rechtfertigen. Danke Herr Müntefering, nach Clement haben Sie uns nur wieder einmal gezeigt, wessen Interessen die SPD vertritt. Auf jeden Fall nicht die der Arbeiter und kleinen Leute, sondern nur die des Kapitals.  Auch deshalb muß Hartz IV weg, und stattdessen ein bedingungsloses, existenzsicherndes Grundeinkommen und ein Mindestlohn her, für den es sich zu arbeiten lohnt!

(Mecki Förthmann)