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Landesschulgesetz:

Viel Theater und ein erschreckendes Ergebnis

In der letzten Woche stand in der Presse etwas von einem großen Streit zwischen den Koalitionspartnern in Schleswig – Holstein. Anlass dieses „Streits“ war die Veröffentlichung des vierten Eckpunktepapiers zur Änderung des Landesschulgesetzes. Die CDU warf der SPD vor die Gemeinschaftsschule durch die Hintertür einführen zu wollen und das Sitzenbleiben abzuschaffen. Eine gute Gelegenheit für beide Seiten den eigenen Wählern vorzugaukeln, dass sie noch nicht in einer faktischen Einheitspartei aufgegangen sind, mehr aber auch nicht. Dies wird bei der Gesamtbetrachtung aller vier Eckpunktepapiere deutlich.  Die Selektierung „guter“ und „schlechter“ Schüler wird zukünftig schon in der Grundschule beginnen. Die Ministerin nennt dies „Flexible Eingangsphase in der Grundschule (entsprechend der Lernentwicklung eines Kindes kann diese ein bis drei Jahre dauern)“. Danach folgt die Versetzung in die dritte Klasse. Die nächste Stufe der Auslese folgt dann wie gehabt nach der vierten Klasse mit der Aufteilung auf Haupt-, Realschule und Gymnasium. Nach der sechsten Klasse soll diese Entscheidung dann noch einmal überprüft werden. Es ist allerdings fraglich, ob die Durchlässigkeit vor allem von der Realschule zum Gymnasium dann noch gegeben sein wird, denn für das Gymnasium hat sich die Ministerin etwas ganz spezielles ausgedacht: Sie will den Lehrstoff, der bisher in den Klassen 5 – 10 unterrichtet worden ist, zukünftig in den Klassen 5 – 9 unterrichten lassen um das Abitur nach zwölf Jahren einzuführen. Sie spricht dabei von einem Mehraufwand von zwei bis vier Wochenstunden.  Die Praxis wird wohl so aussehen, dass Schüler, die den gestiegenen Leistungsanforderungen auf dem Gymnasium nicht gerecht werden nach der sechsten Klasse, auf die Realschule verwiesen werden, damit aus den Verbliebenen die zukünftige „Elite“ herausgebildet werden kann. Nach dieser Bildung möglichst homogener Lerngruppen ist die Ministerin dann auch bereit auf das Sitzenbleiben während der Mittelstufe in allen Schularten zu verzichten. Die im Eckpunktepapier angekündigte Einführung von Gemeinschaftsschulen als Ergänzung des dreigliedrigen Schulsystems ist mit Spannung zu erwarten. Einen ersten Hinweis gibt folgender Satz des vierten Eckpunktepapiers: „Je nach örtlicher Situation können sich Gemeinschaftsschulen übergangsweise auf die Vermittlung des Hauptschulabschlusses und des Mittleren Abschlusses konzentrieren.“ Ich meine, wir sollten uns dazu klar positionieren. Die Schwerpunkte unseres Konzeptes sollten sein die soziale Kompetenz, die Kreativität und das eigene Denken der Schüler zu fördern, so dass es zu einer Selbstverständlichkeit wird, dass Schüler mit der Fähigkeit Wissen schneller aufzunehmen denjenigen helfen, die damit mehr Probleme haben, dass Schüler wissen wofür sie lernen, nämlich in erster Linie für sich und nicht für die Wirtschaft dass Schüler lernen sich selbst einzuschätzen und ihre Leistungen zu bewerten, anstatt dem ständigen Notendruck zu unterliegen dass Frustrationserlebnisse nicht die Regel sind und Schüler verschiedener Schularten nicht gegeneinander ausgespielt werden.  Eine Möglichkeit wäre die Einrichtung einer zehnjährigen Gemeinschaftsschule ohne Ausnahmen, in der durch binnenorientierte Förderung Stärken gestärkt und Schwächen geschwächt werden. Die Oberstufe kann dann, denke ich, flexibel organisiert und individuell zugeschnitten berufs- oder studienorientiert gestaltet werden. Dann hätten wir zumindest eine Chancengleichheit geschaffen, statt die Kinder der Eltern, die genug Geld haben um mit Hilfe privater Nachhilfe den gestiegenen Druck etwas entgegenzusetzen, zur „Elite“ von morgen auszubilden und die sozialen Gegensätze weiter zu verstärken.

(Björn Thoroe)