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Mehr Verwaltung, weniger Demokratie:

Upp ewig ungedeelt?

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen Minderheit, hat sich am 21. Januar auf einem Sonderparteitag in Schleswig mit der geplanten Verwaltungsstrukturreform auseinander gesetzt. Auch die jüngst wieder aufgeflammte Diskussion um einen Nordstaat, das heißt die Fusion Schleswig-Holsteins mit Hamburg und eventuell weiteren norddeutschen Bundesländern, spielte am Rande eine Rolle.

Was die geplanten Veränderungen der Gemeinde- und Ämterstrukturen im Land angeht, war die Meinung der Delegierten einhellig. Die Reform wurde als „mutlos, bürokratisch und strukturkonservativ“ abgelehnt. „Die Große Koalition will die Schwäche der Kommunen mit noch mehr  Bürokratie bekämpfen. Statt die Gemeinden zu stärken, wird alles nur noch ineffektiver, umständlicher und undurchschaubarer gemacht“, meinte der SSW-Vorsitzende Flemming Meyer vor rund 80 Delegierten.„Die vielen kleinen Gemeinden in Schleswig-Holstein haben heute wenig zu bestimmen und noch weniger Geld. Deshalb wäre es konsequent, größere Gemeinden zu schaffen, in denen die Kommunalpolitik wieder wirklich etwas bewegen kann. Stattdessen will die Landesregierung aber lieber die Verwaltungsseite stärken, indem noch mehr kleine Kommunen in einer Amtsverwaltung zusammenarbeiten müssen. Das gleiche gilt für Landesaufgaben, die kommunalisiert werden sollen – nicht konsequenterweise in den Kommunen sondern in neuen kommunalen Verwaltungsregionen. Diese Reform ist technokratisch und denkt nur an Verwaltung. Die demokratische Kontrolle durch die Bevölkerung verliert dabei an Bedeutung und wird in vielen Fällen nur noch indirekt über Verwaltungschefs und Delegierte der großen Fraktionen stattfinden“, kritisierte Meyer. „Mehr Klarheit bringt diese Reform auch nicht. Man müsste eher von einem  Struktur-Verkomplizierungs-Programm sprechen, denn am Ende gibt es allein fünf verschiedene Modelle dafür, wie eine Gemeinde organisiert ist – je nachdem ob sie einem Amt angehört und ob der Bürgermeister Haupt- oder Ehrenamtler ist. Außerdem wird mit den Verwaltungsregionen noch eine neue Behördenform zwischen Land und Kreisen eingerichtet. Der Verschiebebahnhof der Verwaltungen wird ausgebaut, der Aufwand für die Koordinierung wird wachsen und die Bürger werden noch weniger durchblicken.“

Meyer wiederholte die SSW-Forderung nach einer Kommunalreform, bei der die Ämter aufgelöst und in Gemeinden mit mindestens 8.000 Einwohnern  umge- wandelt werden. Hierdurch ließe sich eine Verwaltungsebene einsparen und die Gemeinden würden gestärkt: „Wir meinen immer noch, dass handlungsfähige Gemeinden mit umfassenden Kompetenzen und entsprechender Finanzausstattung die beste Form der Bürgernähe ist.“ Die Delegierten stimmten einstimmig einer entsprechenden Resolution zu.Am Rande des Parteitags warnte die SSW-Landtagsabgeordnete Anke Spoorendonk die Landesregierung vor Überlegungen, die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg zu fusionieren: „Die Befürworter des Nordstaates denken technokratisch nur in Verwaltungskategorien und vergessen, dass es hier um Bürger, um demokratische Institutionen und um Identität geht.“ Die Vorsitzende der SSW-Landtagsgruppe befürchtet zudem, dass die Wirtschaftspolitik in einem Nordstaat noch stärker auf die Metropolregion Hamburg fokussiert und den Norden Schleswig-Holsteins ganz aus dem Blick verliert. „Die Wirtschaftspolitik ist schon heute zu stark auf die Metropolregion Hamburg konzentriert. Dies würde sich in einem Nordstaat noch verstärken.

Als „Juniorpartner“ in einem solchen Gebilde hätte Schleswig-Holstein eine schwächere Ausgangsposition und könnte noch weniger regionale Interessen im nördlichen Landesteil berücksichtigen.“ In den vergangenen Monaten hatten verschieden Prominente Christdemokraten einen Nordstaat gefordert, darunter Landtagspräsident Kayenburg und Wirtschaftsminister Austermann. Hamburgs regierender Bürgermeister von Hamburg will ihn sogar möglichst schnell und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen meinte nach seiner Wahl, er könne sich vorstellen, der letzte Ministerpräsident Schleswig-Holsteins zu sein. Mitte Januar ist er davon wieder abgerückt.

Spoorendonk mag Carstensens Sinneswandel allerdings noch nicht ganz trauen. Es sei ein Witz, „dass konservative Schleswig-Holsteiner die Grenzen unseres Landes in Frage stellen, wo sie doch immer auf die Einheit Schleswig-Holsteins so viel gelegt haben. Dass gerade die Partei der dänischen Minderheit für den Erhalt Schleswig-Holsteins kämpfen muss, ist eine Ironie der Geschichte.“ „Für uns gilt bei den Ländern das gleiche, wie bei den Kommunen: Der SSW setzt sich für ein skandinavisches Prinzip der Bürgernähe ein. Wir wollen handlungsfähige und leistungsstarke dezentrale Einheiten, bei der Verwaltung und Politik auf einer Ebene stattfinden. Wir wollen eine bürgernahe Demokratie und die erreicht man nicht, indem man immer größere Verwaltungseinheiten schafft und dabei die Kontrolle durch Politik und Bürger abhängt.“

(wop, nach Pressemitteilungen des SSW)