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Kein Geld verschenken und Hartz IV–Regeln richtig nutzen!

Hartz IV wird uns noch einige Zeit erhalten bleiben. Eine wirkliche Verbesserung auf diesem Sektor ist unter den gegebenen Machtverhältnissen nicht zu erwarten. Um so wichtiger ist es, dass wir „Sozialschmarotzer“ zumindest die Regeln kennen und diese nutzen, denn Arbeit werden wir durch Hartz IV nicht bekommen.

Partnerschaft: Zahnbürste verstecken?

Paare gelten nach Hartz IV als „Bedarfsgemeinschaft“ und müssen sich gegenseitig unterstützen - allerdings nur, wenn die Beziehung als „eheähnlich“ eingestuft wird. Wer lieber Arbeitslosengeld kassieren will, statt Freund oder Freundin auf der Tasche zu liegen, muss deswegen nicht gleich getrennte Betten beziehen. Klingelt der Hartz IV-Prüfer an der Tür, brauchst Du weder Doppelbett, Zahnbürste noch Deinen Schatz selbst zu verstecken.

Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft erfordert nämlich „gegenseitige Einstandspflichten und innere Bindungen“, so dass Sozialgericht Düsseldorf (Az. S 35 AS 119/05 ER). Die sieht die Arbeitsagentur auch ohne Trauschein gegeben, wenn Ihr...

• zusammen Kinder habt
• wenn ein oder mehrere Kinder einer Hälfte im gemeinsamen Haushalt leben
• wenn Ihr über ein gemeinsames Konto verfügt
• euch Kontovollmachten eingeräumt habt
• wenn Ihr euch auch schon finanziell unterstützt habt, bevor eine/r von Euch den Job verloren hat.

Trifft das alles nicht zu, gehen Einkommen und Vermögen des Partners das Arbeitsamt nichts an.
 

Vermögen: Freibeträge nutzen

Bevor die Arbeitsagentur überweist, prüft sie, was Du auf der hohen Kante hast. Wertgegenstände wie Schmuck, Nerz oder Luxuskarosse müssen im Zweifelsfall versilbert werden. Das gilt allerdings nur, wenn der Verkauf nicht extrem unwirtschaftlich ist. Erzielst Du voraussichtlich weniger als zehn Prozent der Anschaffungskosten, darfst Du die Sachen behalten. Ausnahme: Wertpapiere musst Du verkaufen, egal wie hoch der Verlust ausfällt.

Für Vermögen jeder Art steht Dir ein Grundfreibetrag von 200 € pro Lebensjahr zu (min. 4.100/max. 13.000 €). Beispiel: Bei einem 18jährigen wird der Mindestbetrag von 4.100 €, bei einem 30jährigen bereits Vermögen bis zu ? € nicht angerechnet. Bei Paaren wird der Freibetrag addiert. Zwei 30jährige können also insgesamt 12.000 € behalten. Wem was tatsächlich gehört, spielt dabei keine Rolle. Tipp: Wenn möglich, offene Schulden tilgen, bevor Du ALG II beantragst. Die werden nämlich nicht mit Deinem Guthaben verrechnet.

Anschaffungen: Lieber vorher einkaufen

Für größere Anschaffungen darfst Du und jedes weitere Mitglied Deiner Bedarfsgemeinschaft zusätzlich zum Vermögensfreibetrag pro Nase 750 € ansparen. Trotzdem solltest Du geplante größere Anschaffungen für Deinen Haushalt lieber vor dem Antrag auf ALG II erledigen. So hast Du den Freibetrag zusätzlich und senkst zugleich das anrechenbare Vermögen.

Aber Vorsicht: Es bringt nichts, das Geld zu verprassen. Arbeitslose, die ihr Vermögen verschleudern, müssen damit rechnen, dass ihnen die Unterstützung eine Zeit lang gestrichen wird. Gegen sinnvolle Ersatzinvestitionen, z. B. einen neuen Kühlschrank oder eine sparsamere Waschmaschine kann niemand etwas einwenden.

Altersvorsorge: Lebensversicherung schützen

Zu Deinem Vermögen zählt auch eine Lebensversicherung. Mit einem einfachen Kniff bringst Du Dein Erspartes jedoch zumindest zum Teil in Sicherheit. Vereinbare mit der Versicherungsgesellschaft schriftlich, dass Dir das Geld nicht vor dem 60. Geburtstag ausgezahlt wird („Verwertungsausschluß“), und zwar bevor Du den Antrag auf ALG II stellst!. Dann kannst Du einen zusätzlichen Freibetrag von 200 € pro Lebensjahr nutzen.

Noch besser: Du wandelst die Versicherung, wenn möglich, in eine Riester-Police um. Genau wie die betriebliche Altersvorsorge sind Riester- und Rüruprenten komplett vor dem Zugriff der Arbeitsagentur geschützt. Für alle, die keinen Riestervertrag wollen, gilt: Lass Dir sich von Deinem Lebensversicherer bescheinigen, welchen Rückkaufswert Dein Vertrag hat. Verlierst Du durch den vorzeitigen Ausstieg mehr als zehn Prozent der eingezahlten Beiträge, lässt die Arbeitsagentur in der Regel mit sich reden.

Kinder: Clever schenken

Das Sparbuch Deiner Kinder musst Du nicht plündern, bevor Du ALG II erhältst - ganz im Gegenteil. Jeder Sprössling darf ? € auf der hohen Kante haben. Außerdem stehen den Kids pro Nase 750 € für größere Anschaffungen zu, insgesamt also 4.850 €. Selbst wenn die Kinder über mehr Geld verfügen, können die Eltern ALG II bekommen. Allerdings müssen für den Lebensunterhalt der Kinder dann zunächst deren Ersparnisse aufgebraucht werden.

Nur wenn das Kinder-Sparbuch 4.850 € nicht überschreitet, gibt es das Sozialgeld von 207 (unter 14 Jahre) bzw. 276 (unter 18 Jahre) € pro Monat. Wer seine Kinder beschenken möchte, sollte das aber tun, bevor er den Antrag auf ALG II stellt. Tipp: Kindergeld wird bisher bei den Eltern als Einkommen angerechnet. Seit 1.10.2005 gilt: Kindergeld für ein volljähriges Kind, das nicht mehr zu Hause leben, schmälert nicht mehr den Anspruch auf ALG II, wenn Du es nachweislich an den Junior weiterleitest. Erziehungsgeld gilt nicht als anzurechnendes Einkommen

Wohnung: Mietspiegel studieren

Zusätzlich zum ALG II übernimmt die Arbeitsagentur auch die Kosten für Miete und Heizung, vorausgesetzt, die Wohnung ist angemessen. Als Faustregel gilt: Singles müssen mit 46 qm auskommen, Paare mit 60 qm, Familien je nach Kinderzahl mit 75 bis 90 qm. Wer mehr Platz hat, muss aber nicht zwangsläufig umziehen. Neben der Größe kommt es nämlich auch auf die Kosten der Wohnung an.

Sind die insgesamt angemessen, besteht die Arbeitsagentur nicht unbedingt auf einem Umzug. Falls doch, muss sie nämlich Maklergebühren, Umzugskosten und Mietkaution übernehmen. Ein Blick in den lokalen Mietspiegel zeigt, wo Du im Ortsvergleich liegst. Selbst wenn das Amt die Miete als zu hoch ansieht, müssen Du Deine vier Wände nicht sofort räumen. Bis zu sechs Monate lang wird auch eine zu teure Wohnung voll bezahlt, falls Dir der Umzug in eine billigere Bleibe nicht möglich oder zuzumuten ist, z.B. weil Du gerade hochschwanger bist.

Eigenheim: Mit Zulage tilgen

Wer für seine selbstgenutzte Immobilie Eigenheimzulage kassiert, musste sich den staatlichen Zuschuss bisher als Einkommen anrechnen lassen. Seit Oktober bleibt die Eigenheimzulage außen vor, vorausgesetzt Du kannst, z.B. anhand der Bankunterlagen, nachweisen, dass das Geld komplett zur Tilgung des Baukredits eingesetzt wird.

Die Arbeitsagentur übernimmt außerdem Schuldzinsen und Grundsteuer. Voraussetzung: Die Wohnfläche ist angemessen. Als Faustregel gelten 130 qm für ein Einfamilienhaus und 120 qm für eine Eigentumswohnung. Das Grundstück sollte nicht größer als 500 qm, in ländlichen Gegenden 800 qm sein. Tipp: Wer eine sehr große Immobilie bewohnt, kann versuchen, Räume zu vermieten, damit die Arbeitsagentur nicht den Verkauf verlangt.

Auto: Mehr Kilometergeld absetzen

Streng genommen zählt auch das Auto zu den Vermögensgegenständen, die Du dir bei Deinem Anspruch auf Arbeitslosengeld II anrechnen lassen musst. Allerdings ist es heute selbstverständlich, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Und Du - oder Dein/e PartnerIn – sollst ja laut Gesetz möglichst schnell wieder einen Job suchen. Ein angemessenes Fahrzeug steht deshalb jedem erwerbsfähigen Haushaltsmitglied zu. Allerdings bringt es nichts, schnell noch eine Nobelkarosse zu kaufen, um Vermögen vor dem Zugriff der Arbeitsagentur zu retten.

Faustregel: Die neue S-Klasse kommt unter den Hammer. Ist der Schlitten dagegen maximal 5.000 € wert, darfst Du ihn weiterfahren. Tipp: Wer sich etwas dazu verdient, darf vom Einkommen die Fahrtkosten abziehen, bevor es mit dem Arbeitslosengeld verrechnet wird. Seit Oktober sind das für den einfachen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 20 (vorher 6) Cent je km.

Nebenjob: Mehr behalten

Wer als ALG-II-Empfänger einen Job annimmt, darf einen Teil des Verdienstes behalten. Der Rest wird als Einkommen angerechnet und schmälert die Leistungen der Arbeitsagentur. Mit der seit 1.10. geltenden Neuregelung lohnt das Jobben künftig mehr. So rechnet die Arbeitsagentur: Bis zu einem Bruttolohn von 100 € darfst Du Deinen Verdienst komplett behalten. Liegt der Bruttolohn unter 800 €, darfst Du zusätzlich zu den ersten 100 € weitere 20 Prozent behalten.

Bei einem 400 € Job bleibt Dir z.B. 100 € + 0,2 x 300 € = 160 €. Für Bruttoeinkommen über 800 € bis maximal 1.200 € (Eltern 1.500 €) beträgt der zusätzliche prozentuale Freibetrag zehn Prozent. Wer z.B. 950 € verdient, muss sich also 100 € + 0,2 x 700 € + 0,1 x 150 € = 255 € nicht anrechnen lassen. Vom Bruttolohn darfst Du außerdem noch die Fahrtkosten (PKW: 20 Cent/km für den einfachen Weg) und die Werbungskosten absetzen. Wichtig: Einnahmen aus „Ein-Euro-Jobs“ kommen ALG-II-Empfängern ohne Abstriche zugute.

Telefon & Fernsehen: Rabatt beantragen

Wer Arbeitslosengeld II bezieht, kann sich bei der GEZ von den Gebühren für Radio und Fernsehen befreien lassen. Die Vorlage des ALG-II-Bescheids (durch die Arbeitsagentur bestätigte Kopie) bei der GEZ genügt. Den Antrag gibt es online unter www.gez.de. Auch die Telekom gewährt einen Nachlass von 6,40 € monatlich in Form von kostenlosen Gesprächsminuten. Den sogenannten Sozialtarif beantragst Du im nächsten T-Punkt.

Krankenkasse: Rechtzeitig melden

Dein Antrag auf ALG II wurde abgelehnt? Achtung, nun musst Du dich selbst um Deine Krankenversicherung kümmern. Solange Du ALG II beziehen, zahlt die Arbeitsagentur den Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Wird der Antrag jedoch abgelehnt, endet auch Deine Mitgliedschaft. Verheiratete, deren PartnerIn gesetzlich krankenversichert ist, können sich dort beitragsfrei mitversichern. Singles müssen innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Ablehnungsbescheids die freiwillige Weiterversicherung beantragen und ihren Beitrag künftig aus eigener Tasche zahlen.

(CSK)