Zurück in die Steinzeit
An den Schulen und Hochschulen im Land tut sich einiges. Die Pläne, Studiengebühren einzuführen werden konkreter, der CDU-Wirtschafts- und Bildungsminister möchte gerne Vertreter der Wirtschaft in der Unileitung sehen, und auch für die Schulen wird der Rückwärtsgang eingelegt: Zurück in die Bildungspolitische Steinzeit. Zentralabitur, Turboabi und Profiloberstufe heißen einige der Stichworte. Am 22. Februar fand eine erste Demo der Landesschülervertretung gegen diese Pläne statt. An der Kieler Uni gab es eine Besetzung gegen die Studiengebühren. Wir bringen nachfolgend einen Text der SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) mit Argumenten zu den „Reformen“ der großen Koalition im Landeshaus. Außerdem folgen weiter hinten ein Hintergrundtext der SDAJ zur Schulpolitik in Deutschland und ein Interview mit einem Kieler Studenten zu den Aktionen an der Uni.
Zentralabitur:
O-Ton: „Alle Schulabschlüsse sollen künftig nur noch über Prüfungen mit zentralen Elementen erreicht werden. Zentrale Abschlussprüfungen machen es möglich, die Leistungen besser zu vergleichen, und die Qualität schulischer Arbeit kann besser gesichert und entwickelt werden.“
Eine unterschiedliche Vorbereitung erfordert unterschiedliche Prüfungen, sonst entstehen Ungerechtigkeiten. Denn niemals wird auch die Vorbereitung gleich sein. Es wird immer Lehrkräfte geben, die den Unterrichtsstoff besser oder schlechter vermitteln können. Verschiedene Schulen haben verschiedene Etats bzw. Geldquellen(sponsoring). So ist die Schülerin A dem Schüler B, wenn sie dieselbe Abschlussprüfung schreiben, hoch überlegen, weil ihr ihre Schule, aufgrund von Schoolsponsoring, qualifiziertere Lehrkräfte zur Verfügung stellen kann. Außerdem kann sie über ihre Schule Förderunterricht in Anspruch nehmen und es gibt moderne Computer etc.
Bei diesem Vergleich werden die am Besten abschneiden, die die beste Vorbereitung bekommen. Und das sind nun mal diejenigen, die an den Schulen ihr Abi machen dürfen, wo es Fördervereine von reichen Eltern gibt oder sich die Wirtschaft bereits eingekauft hat. Das erste Zentralabitur wir der jetzige 11. Jahrgang schreiben.
Profiloberstufe
O-Ton: “Die Fächer Deutsch, Mathematik, eine Fremdsprache sowie ein weiteres ausgewähltes Profilfach werden mit vier Wochenstunden in festen Lerngruppen verpflichtend unterrichtet.“
Auch hier wird eine Forderung der Wirtschaftsbosse erfüllt. Wenn die Wirtschaft denkt, sie brauche mehr Personen die gut Mathe können, dann wird das ohne Nachfragen umgesetzt. Nach Wahlfreiheit oder individuellen Interessensfeldern der Jugendlichen wird nicht gefragt. Welch Demokratie!? Kann es richtig sein, dass jetzt der Direktor der Deutschen Bank bestimmt welche Leistungskurse ich belege und welche nicht?
O-Ton: „Die Schülerinnen und Schüler können ein Fächerprofil auswählen und damit individuelle Schwerpunkte setzen. Gymnasien und Gesamtschulen sollen mindestens zwei Profile anbieten. In der Regel werden dies ein fremdsprachlich und ein naturwissenschaftlich ausgerichtetes Profil sein. An größeren Schulen oder durch Abstimmungen mit Nachbarschulen sind weitere Profilangebote möglich. Dies können zum Beispiel ein gesellschaftswissenschaftliches oder ein künstlerisch-darstellendes Profil sein, in Einzelfällen auch ein sportlich ausgerichtetes Profil.“
Ist es wirklich noch individuell, wenn ich jetzt noch zwischen Naturwissenschaft und Fremdsprache wählen kann, obwohl ich Mathe und eine Fremdsprache vorgeschrieben bekomme?
O-Ton: „Unabhängig von dem zu wählenden Profil müssen alle Gymnasiasten künftig in der Oberstufe zwei zu wählende naturwissenschaftliche Fächer (Biologie, Physik, Chemie), die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer Wirtschaft/ Politik, Geschichte und Erdkunde sowie Religion oder Philosophie, Sport und ein zu wählendes Fach aus dem musisch - ästethischen Bereich (Musik, Kunst, Darstellendes Spiel) bis zum Abitur belegen.“ Wir dürfen im Kurssystem unsere Fächer und die Stundenanzahl selber wählen bzw. hatten einen großen Einfluss darauf. Ab 2009 ist das vorbei. Ab dem Schuljahr 2008/2009 werden alle SchülerInnen der gymnasialen Oberstufe nach der neu geordneten Struktur unterrichtet.
G8/ Turboabi
O-Ton: „Die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur von neun auf acht Jahre wird im Schuljahr 2008/09 aufwachsend begonnen. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler, die dann in Klasse 5 des Gymnasiums wechseln, erreichen grundsätzlich nach acht Jahren das Abitur. Für die vorhergehenden Jahrgänge bleibt es auslaufend bei der neunjährigen Schulzeit.“
Im Klartext heißt das, dass wir ein Jahr weniger Unterricht haben
werden wobei ohne Frage Lehrinhalte verloren gehen. Wir bleiben also alle
ein Stück dümmer. Das gestrichene 13. Jahr soll durch mehr Unterricht
in den Klassen 5-8 ersetzt werden. Interessant ist, dass gerade in den
Klassen 5-8 die meisten SchülerInnen, aufgrund schlechter Noten, das
Gymnasium verlassen müssen. Hier wird uns SchülerInnen jetzt
noch mehr Stoff zum Lernen aufgebrummt. Eine leicht absehbare Folge wird
sein, dass noch mehr SchülerInnen gehen müssen und nur eine immer
kleiner werdende Elite überhaupt bis in die Oberstufe kommt.