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Leserbrief:

Für eine sichere Grundversorgung

Die Große Koalition in Berlin hat kurz vor Redaktionsschluss verkündet, dass es bis 2008 für die Rentner Nullrunden geben wird – angesichts von Inflation und diversen Gebührenerhöhungen ein realer Abbau der Rente. Minister Müntefering (SPD), der den Beschluss dem Publikum mitteilte, gab sogleich etwas ungewollten Nachhilfeunterricht für jene, die leichtfertig der Hetze gegen den Streik im öffentlichen Dienst aufsitzen: Die Rente bleibt an die Löhne gekoppelt, so Müntefering. Oder mit anderen Worten: Wenn seit über zehn Jahren die durchschnittlichen Reallöhne nicht mehr gestiegen sind, dann dürfen die Rentner sich nicht wundern.Uns erreichte ein Leserbrief Zum Artikel „Die 'Rentenreform' bleibt umstritten“ aus LinX 4/2006. Wir geben ihn nachfolgend wieder, auch wenn er anonym einging, was wir eigentlich nicht besonders nett finden.

Arbeiten bis 80 ?

Arbeiten bis 80 ?

Liebe Genossinnen und Genossen,

zunächst einmal vielen Dank, dass die Linx sich dieser Thematik annimmt. Unser heutiges Rentensystem ist– historisch gesehen – ein Ergebnis der Bismarck'schen Gesetze gegen die "Gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie", wobei damals wenig zwischen Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten unterschieden werden brauchte und die Sozialdemokratie tatsächlich eine Gefahr für die Herrschenden darstellte.

Im Gegensatz zu damals funktioniert die beitragsfinanzierte Rente nicht mehr, denn Massenarbeitslosigkeit, sozialversicherungsfreie Beschäftigung und die immer geringere Lohnquote führen in die finanzielle Katastrophe. Rürup und Riester als Vertreter des Kapitals fordern deshalb mehr Eigenverantwortung, sprich private Vorsorge. Das Problem ist dabei nur, dass die einkommensschwachen Bevölkerungsteile, die am meisten vorsorgen müssten, sich dies am wenigsten leisten können. Mit ihrer Sozialversicherungsrente und ihrer geringen privaten Vorsorge helfen sie allenfalls mit, die Sozialhilfekosten der Zukunft zu senken. Der Altersarmut entkommen sie so nicht.

Schon jetzt wird ein immer höherer Zuschuss aus Steuermitteln in die Rentenkasse gezahlt, um die dortige Liquidität sicherzustellen. Dabei ist die BRD schon heute so bankrott, wie es die DDR im Jahre 1989 war.

Da die BRD zum wiederholten Male Exportweltmeister ist, und somit in privater Hand Geld ohne Ende vorhanden wäre, ist es an der Zeit, über einen Systemwechsel nachzudenken, mit dem eine angemessene Entlohnung für die Lebensarbeitsleistung gesichert wird. Das Ziel 'Exportweltmeister' wurde nicht durch herausragendes Management, sondern durch die Millionen Beschäftigter und Nichtbeschäftigter (ja, auch der Hausfrauen und -männer, der ehrenamtlichen Helfer und vieler Anderer) erreicht. Diese Wertschöpfung darf nicht nur in private Taschen fließen. Die so geschaffenen Werte nur gering (und häufig durch Steuerschlupflöcher und Gewinnverlagerung gar nicht) zu besteuern, ist im höchsten Maße asozial. Wir müssen dazu kommen, durch eine angemessene Wertschöpfungssteuer eine sichere Grundversorgung für die Gesamtbevölkerung aufzubauen.

Wer in der glücklichen Lage ist, einen Arbeitsplatz zu haben, sollte sich zusätzlich aus Beiträgen der Arbeitgeber und eigenen Beiträgen eine Zusatzrente aufbauen können. Im bestehenden kapitalistischen System wäre auch eine derartige Versorgung nur ein soziales Pflaster, aber so lange der Sozialismus nicht auf der Tagesordnung steht ... Battling Fury