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Demonstration in Neumünster:

Systematisch zermürbt


Am Samstag, den 18. März, folgten 500 Personen dem Aufruf des Bündnis Bleiberecht Schleswig-Holstein und demonstrierten in Neumünster gegen das dort vom Kieler Innenministerium geplante „Ausreisezentrum“.

Bei der Auftaktkundgebung beklagte die Vorsitzende des Vereins Grenzgänger Neumünster e.V. Andrea Storke, dass das Innenministerium trotz zunehmender Kritik an den Plänen an einer Politik festhalten will, die Flüchtlinge rechtlich beschränkt, sie in Lagern gettoisiert und ihre Rückkehr erzwingt. Dies sei den Betroffenen gegenüber unwürdig und den Interessen des Einwanderungslandes abträglich. Storke kündigte für das Bleiberechtsbündnis an, außerhalb der Kaserne eine Anlaufstelle für die im Ausreisezentrum Untergebrachten in Neumünster zu schaffen.

Zielgruppe sollen laut Martin Link vom Flüchtlingsrat in seinem Wortbeitrag für das Bündnis Bleiberecht Schleswig-Holstein, erwachsene Menschen sein, die zum Teil schon vor Jahren kamen, denen jedoch kein Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist. „Am heutigen dritten Jahrestag des Krieges im Irak wird die Absurdität, dass 99,1 % der hierzulande Asylbeantragenden ihre Fluchtgründe nicht geglaubt werden, einmal mehr offensichtlich.“ klagt Link. Tatsächlich lebten zahlreiche Betroffene in begründeter Angst, bei Rückkehr in erneute Verfolgung oder andere Überlebensnöte zu geraten. Andere seien hierzulande heimisch geworden und inzwischen in ihrem Herkunftsland vollständig entwurzelt.

Dass es dem Innenministerium tatsächlich gelingen wird, mit dem Ausreisezentrum die ‚Optimierung der Identitätsfeststellung und Intensivierung freiwilliger Ausreisen spürbar zu erhöhen’, bezweifelte Heike Behrens vom Netzwerk Illegalisierter Menschen in Schleswig-Holstein und mahnt: „Die Erfahrungen in den Ausreisezentren anderer Bundesländer zeigen, dass eine zentralisierte Zwangsunterkunft die Menschen zu einem großen Teil in die Illegalität treibt.“

Eine Sprecherin von Avanti zitiert aus dem § 61 (Räumliche Beschränkung; Ausreiseeinrichtungen) Aufenthaltsgesetz, in dem es heißt: „In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und … die Durchführung der Ausreise gesichert werden.“ Sie kritisiert die AWO, die auf diesen Zug aufgesprungen ist und eine sog. Perspektivenberatung anbietet.

„Der Tagesablauf der im Ausreisezentrum Zwangsuntergebrachten wird von den Behörden bis ins Detail bestimmt und überwacht.“ erklärte die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, Pastorin Fanny Dethloff. Jeder Tag zermürbe sie systematisch. Sie würden unter diesen Bedingungen krank an Leib und Seele, erleiden Depressionen, Angstzustände, Schlaf- und Appetitlosigkeit.