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Kieler Privatisierungswahn:

Ausverkauf der Kieler Stadtwerke

Lockt das Geld oder drückt der Konzern?

Die Stadt treibt ihre Privatisierungsabsichten auf die Spitze. Es ist klar geworden, dass der städtische Schuldenberg sich auf weit über 300 Mio. erhöht. Dies treibt die CDU-Fraktion dazu, den völligen Ausverkauf der Stadtwerke zu verlangen. Beim Verkauf der restlichen 49 Prozent Stadtwerkeanteile würde dies 120 Mio. Euro Einnahmen für die Stadt bringen. Gerade genug, um die für dieses Jahr eingeplante Neuverschuldung von 111 Mio. Euro zu decken. Angeblich habe die Stadt erstmalig am 6.11.2006 eine „Putt-Option“ um zu verkaufen. Diese Option ist Teil des bisher geheim gehaltenen sogen. Konsortialvertrages, der beim Weiterverkauf an die Mannheimer Stadtwerke (MVV) abgeschlossen wurde und der bis heute nicht einmal den Betriebsratsmitgliedern vorliegt. Danach hat die MVV angeblich das zugesicherte Recht, weitere Anteile aufzukaufen. Das Stadtvertreter versuchen damit das starke Interesse der MVV zu vertuschen, möglichst komplett in den Besitz der Stadtwerke zu kommen. Dies würde ihre Bedingungen auf dem Energie- und Wassermarkt erheblich verbessern, um ohne kommunale Fesseln den weiteren Ausverkauf der Kieler Ressourcen Strom und Wasser zu betreiben. Die hemmungslose Ausnutzung des Betriebes und weitere Kündigungen wären die Folge. Langfristig sind Preiserhöhungen und Wartungsmängel zu befürchten. Schon jetzt spekuliert der Konzern mit dem Vermögen aller Kieler auf dem europäischen Strommarkt und konkurriert mit den Konzernen RWE und Vattenfall um die billigsten Stromtarife.

Aber wenn MVV die 49% für 120 Mio. bekommen soll (ein Spottpreis bei einem im Geschäftsbericht  2005 angegebenen Anlage- und Umlaufvermögen von 457 Mio.!), dann könnte auch die Stadt ihre Anteile für 125 Mio. zurück kaufen. Die langfristigen Kredite sind gerade sehr günstig. Durch die Gewinne der Stadtwerke auf dem Energiemarkt wäre der Betrag schätzungsweise nach ca. 6 Jahren wieder drin und von da ab auch wieder eine zuverlässige Einnahmequelle für die Stadt.
Insbesondere wäre der Diebstahl des Allgemeinguts Wasser wieder rückgängig gemacht und die Kontrolle über die Daseinsvorsorge wieder in kommunaler Hand.

Den Weltwassertag am 22.3.2006 hat die AG Bündnis-Kielwasser von Attac-Kiel dazu genutzt um mit einem Theaterstück auf dem Asmus-Bremer-Platz darauf aufmerksam zu machen und fordert weiterhin die vollständige Rekommunalisierung der Kieler Stadtwerke. SPD und Grüne sind noch in der Meinungsbildungsphase ob und wie sie den Ausverkauf der Stadtwerke mit tragen können und ob vielleicht auch nur ein weiteres Viertel verkauft wird. Hier ist dringend öffentlicher Druck nötig und vor allem eine grundsätzlich andere, solidarische Steuerpolitik, bei denen die Konzerne und Gutverdienenden wieder umfassend Steuern zahlen. Andernfalls ist ein Ausverkauf der Kommunen unvermeidlich und die Daseinsvorsorge im Interesse der Menschen ist nicht zurück zugewinnen.

Mehrheitsverkauf im Nahverkehr?

Nicht nur der Ausverkauf der Stadtwerke ist beabsichtigt. Auch der Öffentliche Nahverkehr steht unterm Hammer. Aber nicht ganz. Hier geht es vorerst nur darum, dass die Mehrheitsanteile der Kieler Verkehrs Gesellschaft mehrheitlich von der Hamburger Hochbahn übernommen werden sollen. Was das für die Stadt finanziell bringen soll ist unklar, denn der Öffentliche Nahverkehr war immer ein Zuschussbetrieb und wird es auch bleiben. In früheren Jahren wurde das Defizit im Nahverkehr durch die Überschüsse der Stadtwerke ausgeglichen. Hinter dem Wunsch nach Mehrheitsanteilen steht das Interesse der privaten Verkehrsbetriebe profitabler zu wirtschaften, nicht nur die öffentlichen Zuschüsse einzustreichen sondern vor allem die Löhne der Busfahrer weiter zu drücken und die Fahrpreise nach eigenem Ermessen zu steigern. In Kiel wurden seit der Privatisierung der Verkehrsbetriebe drei unterschiedliche Tarife für Busfahrer eingeführt und von ursprünglich 14-15 Euro auf 10,32 Euro (KN 21.3.2006) gesenkt. Am 17.2.2006 demonstrierten in Kiel ca. 600 Busfahrer aus Protest gegen die Dumpinglöhne der Fa. Autokraft, die 8,32 pro Stunde zahlen wollen und damit eine Ausschreibung im Kreis Segeberg gewonnen haben. Keine Ausschreibung ohne verbindliche Sozialstandards wurde auf der Demo von verdi gefordert. Auch der Öffentliche Nahverkehr sollte im Interesse der Bürger wieder rekommunalisiert werden, um langfristig Lohn- und Preisstandards zu sichern. Wenn wir den Individualverkehr und die dadurch entstandenen Straßenbaukosten und ökologischen Folgen reduzieren wollen, brauchen wir einen öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif.

Die Bäder gehen baden!

Bei den Kieler Schwimmhallen und Bädern ist die Privatisierung hinter den Kulissen wohl bereits eine beschlossene Sache. Spätestens im August 2006 soll ein privater Partner für Kiels Bäder in einer gemeinsamen GmbH gefunden sein. Einzelne Bäder sind bereits ausgegliedert, wie das Eiderbad in Hammer und demnächst das Seebad Düsternbrook. Von Fördervereinen mit ehrenamtlichem Personal ist die Rede, ähnlich wie bei den Stadtteilbüchereien. Der Rest soll profitabel gemacht werden, so wie z.B. das Freiluftbad Katzheide. Also kein stundenlanges „Rumlungern“ der Jugend auf freier Wiese, sondern Schaffung eines profitträchtigen Wellnessbereichs mit „anständigen“ Preisen für Zahlungskräftige. Nicht erwähnt wird bisher, dass bei der Privatisierung der Bäderlandschaft auch die Strände mit dabei sein werden, also Öffnung der Strände für den Profit. Wellness-Kurtaxe an Stränden für Besserverdienende mit Bewirtung durch Ein-Euro-Jobber?

Dies sind nur einige aktuelle Beispiele für den Kieler Ausverkauf der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ver.di beschäftigt sich mit den Privatisierungen und den Öffentlich-Privaten-Partnerschaftsmodellen. Die Offenlegung aller Absichten und Verträge muss gefordert werden. Schluss mit Geheimverträgen mit den Privaten und Konzernen! Ein Widerstand ist dringend nötig. Gewerkschaften, Betriebsräte, Sozialbündnisse und Verbraucherverbände sollten sich über ein gemeinsames Vorgehen beraten. Attac-Kiel will auf dem kommenden Plenum am Mi., 12. April um 19 Uhr in der Pumpe im Seminarraum darüber beraten und lädt dazu auch Vertreter aller interessierten Gewerkschaften, Organisationen und Verbände ein.  Uwe Stahl

(Quellen: KN 23.2.06 (Bäder), 1.3.06 (Stadtwerkeverkauf), 18.2.06, 21.3.06 (KVG))