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Kommentar:

Entscheidung in Berlin

Schade. Eigentlich versprach das Projekt WASG interessant zu werden. Eine Sozialstaats-Partei, würde sich in Zeiten der regierenden Neoliberalen Einheitspartei über kurz oder lang radikalisieren können, wenn sie es denn mit ihrem Anspruch ernst meinte. Doch die WASG soll nun der PDS zugeführt werden, um dort den Apparatschiks die Pfründe zu sichern. Für einen Augenblick sah es noch so aus, als würde der WASG-Parteitag Ende April den Ambitionen von Gysi, Lafontaine und Co. einen Riegel vorschieben, würde tatsächlich das Projekt einer neuen Partei einfordern, die mehr ist, als die Summe aus PDS und WASG.

Doch das ist vorbei. Der Crash-Kurs der beiden Parteiführungen wurde abgesegnet. Die WASG wird in der PDS aufgehen. Und das Wichtigste: Der  WASG- Parteitag hat seinen Bundesvorstand aufgefordert, den Berliner Landesverband zur Raison zu bringen. Der Berliner WASG will man verbieten, gegen die in Berlin mitregierende PDS zu kandidieren. Das schade nämlich dem Projekt einer gesamtdeutschen Linken. Die Privatisierung von Wasserwerken, die Sabotage des Flächentarifs des öffentlichen Dienstes, die Schließung des Jugendaufbauwerks, der Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften, Lohnraub im öffentliche Dienst (aktuell beim Großkrankenhaus Charité), 30.000 Ein-Euro-Jobs, die Zustimmung zur EU-Verfassung und die Abschiebung der kurdischen Familie Aydin, die seit 17 Jahren in Deutschland lebt und vier Kinder mit deutschem Paß hat, schadet jedoch offensichtlich nicht dem Projekt einer neuen Linken, wie sie Gysi und Lafontaine vorschwebt.

Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Berliner WASG einknickt. Ein Einigunsprozess unter den genannten Vorzeichen wäre jedenfalls für die gesamte Linke katastrophal, auch für die radikaleren Teile, die mit dem Parteibildungsprozess nichts am Hut haben. Ob es uns gefällt ode nicht: Durch die Präsenz im Bundestag dominiert die Linksfraktion das Bild der Linken in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Berliner WASG kann mit ihrer Kandidatur dieses Bild etwas zurechtrücken. Insofern kann man ihr nur ein starkes Rückgrat wünschen, und ansonsten zusehen, dass der außerparlamentarische Protest gegen den Sozialabbau wieder in Gang kommt. Der 3. Juni (siehe Seite 8) ist dafür ein wichtiges Datum. (wop)