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Parteitag der dänischen Einheitsliste:

Im Norden viel Optimismus

Die dänische Rot-Grüne Einheitsliste (Enhedslisten/De Rød Grønne), ein Bündnis verschiedener sozialistischen Parteien, dem inzwischen mehrheitlich Einzelpersonen angehören, die in keiner der Gründerparteien Mitglied sind, hielt am ersten Maiwochenende in Kopenhagen einen Parteitag ab. Wir veröffentlichen einen Bericht aus Dänemark.

Der Parteitag wurde im Freistaat Christiania (im Zentrum Kopenhagens, die Red.) abgehalten und zeigte, dass die Partei in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist, sowohl an Mitgliedern, als auch an Einfluss in den Parlamenten. Mit ca. 300 Delegierten und 100 Gästen war dies der bisher größte Parteitag, und folgerichtig wurde der Parteivorstand von 21 auf 25 Mitglieder erweitert.

Die Debatte am ersten Tag war vom Optimismus der Delegierten geprägt. Sowohl wegen des Mitgliederzuwachses (die Partei hat ihre Mitgliederzahl auf über 4.000 verdoppelt, sg), als auch wegen der gestiegenen Aktionsbereitschaft unter ArbeiterInnen und Jugendlichen. Die Einheitsliste gilt als akzeptierter und geschätzter Bündnispartner der Gewerkschaften. Unzählige Male wurde auf den kommenden Aktionstag am 17.Mai hingewiesen, und der verbraucherpolitische Sprecher, Per Clausen, sprach aus, was alle dachten: Das Haltbarkeitsdatum der Regierung ist abgelaufen. (Anspielung auf die „Gammelfleisch-Affäre" der Regierung, Anm. d. Ü.)
Ganz bewusst hatte man Christiania als Tagungsort gewählt, will doch die Rechtsregierung dieses seit über 30 Jahren bestehende soziale Experiment räumen lassen und teure Luxuswohnungen auf dem Gelände bauen. Majbrit Berlau, Mitglied des Parteivorstandes, machte nochmals deutlich, dass dies auf entschiedenen Widerstand der gesamten Partei stoßen werde und dass die BewohnerInnen Christianias die volle Solidarität der Einheitsliste haben. „Die Werte der Solidarität und der Freiheit, die in Christiania gelten; für diese kämpfen wir in ganz Dänemark“, so Majbrit Berlau.

Am deutlichsten bekamen Fogh Rasmussen und seine Rechtsregierung ihr Fett ab. Aber auch die SozialdemokratInnen wurden nicht verschont: „Wir warnen euch: Geht keine Kompromisse mit der Regierung ein, was die Sozialkürzungen angeht. Gebt Ihr ihnen den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand“, so Joergen Arbo-Baehr, der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Fraktion. (Die SozialdemokratInnen bringen das Kunststück fertig, auf der einen Seite „Realpolitik“ zu betreiben und mit der Regierung über Kompromisse zu verhandeln, auf der anderen Seite tauchten sie auf den Demos am 17.5. auf und lobten die Gewerkschaften. Kennen wir dieses Spielchen nicht auch aus Deutschland?, Anm. d. Ü.)

Hoch her ging es, als der Organisationsbericht des Parteivorstandes diskutiert wurde. Zu wenig werde auf Mitgliederdemokratie und Frauengleichstellung geachtet, so einige. Auch die Entscheidung, IS (Schwesterorganisation der deutschen Organisation Linksruck, d Ü.) aufzunehmen, wurde kritisiert und von vielen als Manöver der Organisation angesehen, um die Einheitsliste als Rekrutierungsfeld zu nutzen. Die Zeit wird´s zeigen.

Finn Sørensen vom Parteivorstand meinte: „Selbstverständlich sind wir uns darüber einig, dass der 17. Mai eine große Sache werden muss, aber eine andere und weitaus schwerere Aufgabe wird es sein, der Bewegung eine Richtung zu geben, die tatsächlich eine andere Regierung mit einer anderen Politik erkämpfen kann. Wir müssen eine politische Alternative entwickeln, auch mit der Erkenntnis, dass die Einheitsliste alleine diese Aufgabe nicht lösen kann.“ (Wie auch in anderen europäischen Ländern bleibt die Frage der Regierungsbeteiligung bzw. Tolerierung eine spannende und umstrittene Frage, jedoch muss man sich auch im Klaren darüber sein, dass die Ablösung der Rechtsregierung nur durch ein irgendwie geartetes Bündnis aus SozialdemokratInnen, Sozialistischer Volkspartei (eine Art grüne PDS) und den Linksliberalen rechnerisch möglich ist, Anm. d. Ü.)  (Übersetzung aus dem Dänischen sg)