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Meierei verteidigen:

Erst die Stadt, dann die Nazis

Nach dem nun schon über Jahre die die städtische Verwaltung versucht, dem alternativen Kulturzentrum Alte Meierei das leben schwer zu machen, fühlt sich nun offensichtlich auch die Nazi-Szene ermutigt, auf den Zug aufzuspringen. Wir geben im folgenden eine Zusammenfassung der Ereignisse wieder, die uns über eine Email-Liste erreichte. (wop)

2./3. Juni -- Anschlag zur Wiedereröffnung: In der Nacht vor der Wiedereröffnung kam es zu einem missglückten Nazi-Angriff auf die Meierei. Gegen 3 Uhr bemerkten die Nachtwachen hinterm Haus eine Person, als diese angesprochen wurde stellte sich der glatzköpfige Mann (ca. 30) als Günni aus der Nachbarschaft, der Party feiern wolle, vor und verschwand. Als darauf mehrere Leute die Gegend absuchten, wurde entdeckt, dass ein Bewegungsmelder sabotiert wurde und auf dem Dach des Reifenhändlerschuppens ein kleines Feuer brannte, was schnell gelöscht werden konnte. Am nächsten Tag konnte rekonstruiert werden, dass wahrscheinlich vom Dach des Reifenhändlers ein Molotov-Cocktail in Richtung auf eines der vorderen Fenster geschmissen wurde, die Lunte jedoch noch auf dem Dach rausgefallen ist. Am Haus waren Scherben einer Kornflasche (nachdem am Tag vorher relativ gründlich gefegt wurde) und es roch nach Benzin. Am Garagentor hinten am Haus war ein angefangenes Graffiti „C18 i“ zu lesen, der Sprüher wurde offenbar gestört. Vorher hatten Nazis in Indymedia-Kommentaren eine "brandheiße Nacht" (o.ä.) angekündigt.

3.Juni -- versuchter Aufmarsch: Am Tag der Wiedereröffnung versuchte die NPD einen Aufmarsch gegen die Alte Meierei in der Kieler Innenstadt durchzuführen. Die Stadt Kiel verbot den Aufmarsch mit der Begründung, es bestehe ein polizeilicher Notstand aufgrund der anreisenden Autonomen. Die NPD versuchte noch alternativ in Preetz aufzumarschieren, was ihr aber ebenfalls verboten wurde.

9.Juni -- versuchte Kundgebung: Für 11 Uhr hatten die FaschistInnen eine Kundgebung vor der Kieler Hauptpost in der  Andreas-Gayk- Str. angemeldet. Als ab kurz vor Elf überraschenderweise die ersten Antifas auftauchten, war an der Post allerdings nur eine für einen Freitagvormittag beachtliche Polizeipräsenz zu beobachten. Bis sich um halb Zwölf dann die NPDler blicken ließen, hatten sich schon mehr als 20 AntifaschistInnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite versammelt. Als die acht NPDler mit ihren zwei Fahnen begannen in ihrer dunklen Ecke abseits des neuen Rathaus Flugblätter zu verteilen, begaben sich die AntifaschistInnen lautstark und mit einem Transparent ausgestattet Richtung NPD-"Kundgebung" und versperrten, nachdem sie von der Polizei gestoppt wurden, ihnen kurzerhand den Weg zu ihrem eigentlichen Kundgebungsort vor der Post. Nach zwei unverständlichen Reden zogen die zwei Frauen und sechs Männer nach nicht einmal einer halben Stunde dann wieder Richtung Fördeparkhaus ab, wo sie sich u.a. mit dem Wagen des Kieler NPD-Kreisvorsitzenden Hermann Gutsche vom Hof machten.

Die mittlerweile über 40 AntifaschistInnen konnten sich bei bestem Wetter nun also wieder wichtigeren Dingen zuwenden. Es ist als Erfolg zu werten, dass es die Nazis schon wieder nicht geschafft haben, eine Aktion in Kiel ungestört und planmäßig durchzuführen. Ob der armselige Auftritt der von Jens Lütke auf der lokalen NPD-Seite angekündigte Beweis, dass es „in Kiel keine No-go-Areas oder auch nur demonstrationsfreie Räume für Nationalisten geben wird“ war, bleibt unklar. Für alle AntifaschistInnen in Kiel sollte es jedoch auch in Zukunft heißen, Augen und Ohren offen zu halten, um die erfolgreiche Kieler Tradition im Umgang mit öffentlichen Naziaktivitäten aufrecht zu erhalten.

9.Juni – Abends: Nach dem Eröffnungsspiel der WM fahren drei Nazis vier mal mit einem Auto an der Alten Meierei vorbei, rufen mit einem Megaphon 'Hallo Meierei, hier ist der Nationale Widerstand' und werfen eine Flasche. Sie werden durch anwesende AntifaschistInnen vertrieben.

Am 15. Juni gab es in der Alten Meierei ein Treffen. Es sollte das weitere Vorgehen und der Umgang mit erhöhter Gefährdung durch WM und Kieler Woche besprochen werden. Ergebnisse waren uns leider bei Redaktionsschluss nicht bekannt.