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Arbeitslosengeld, Mini-Jobs und Co.:

Neue Gesetze, mehr Geld?

Im Juli ändern sich für viele BundesbürgerInnen wichtige Gesetze. Freuen dürfen sich etwa ALG-II-EmpfängerInnen im Osten – sie bekommen mehr Geld. Der Überblick: Arbeitslosengeld, Anwaltskosten und mehr – worauf wir uns einstellen müssen. Es hat Tradition, dass nach sechs Monaten eines jeden Jahres neue Gesetze greifen. Die ganz großen Reformen sind diesmal ausgeblieben. Der größte Batzen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer, tritt erst im neuen Jahr in Kraft. Die jetzigen Neuerungen werden manche freuen und andere ärgern. Interessant wird es für jene, die rechtlichen Rat suchen. Das Anwaltshonorar für außergerichtliche Dienste darf zukünftig frei verhandelt werden. Das ist längst nicht die einzige Änderung, auf die sich BürgerInnen einstellen müssen. Was noch neu ist, liest Du nachfolgend.

Höhere Sozialabgaben für Schichtarbeiter

Viele ArbeitnehmerInnen, die auch in der Nacht oder an Sonn- und Feiertagen arbeiten müssen, werden den 1. Juli 2006 als Trauertag ansehen. Denn ab diesem Termin sind Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge nur noch bis zu einem Grundlohn von 25 Euro je Stunde sozialabgabenfrei.

Mini-Jobber: Zur Kasse, bitte!

Mini-JobberInnen werden zur Kasse gebeten. Der pauschale Abgabensatz für die 400-Euro-Jobs wird von 25 Prozent auf 30 Prozent angehoben. Im Einzelnen: Zur Krankenversicherung werden künftig 13 statt bisher elf Prozent des Mini-Lohns fällig. Der Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung steigt von zwölf auf 15 Prozent. Nur bei der Pauschalsteuer bleibt es bei Abgaben von zwei Prozent. Gute Nachricht für alle, die ihre Haushaltshilfe als 400-Euro-Jobberin angemeldet haben: Für Mini-Jobs in Privathaushalten, die über das Haushaltsscheck-Verfahren gemeldet sind, bleibt es bei der bisherigen Belastung von 25 Prozent. „NormalverdienerInnen“ wird dies kaum treffen.

Mehr Geld für Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen

Für ALG-II-EmpfängeInnenr in den neuen Bundesländern gibt’s ab 1. Juli mehr Geld. Ab diesem Datum beträgt die sogenannte Regel- leistung bundeseinheitlich 345 Euro. Bisher zahlten Arbeitsagenturen und Kommunen im Osten elf Euro weniger.  Eine schlechte Nachricht für junge Arbeitslose: Wohnen ALG-II-EmpfängerInnen unter 25 Jahren noch bei ihren Eltern, gibt’s künftig nur noch 80 Prozent der Regelleistung, also 276 Euro. Und wenn sie aus der elterlichen Wohnung ausziehen, haben sie nur dann noch Anspruch auf Leistungen für Unterhalt und Heizung, wenn die Arbeitsagentur dem Auszug vorab zugestimmt hat. Das muss sie nur, wenn berufliche oder schwerwiegende soziale Gründe den Auszug notwendig machen. Diese Änderung gilt rückwirkend ab 17. Februar. Das ist der Tag an dem der Bundestag eine entsprechende Änderung im Sozialgesetzbuch II verabschiedete.

Weniger Geld für ExistenzgründerInnen

ExistenzgründerInnen müssen mit weniger Anschubstütze vom Staat auskommen. Zum 30. Juni endet die Möglichkeit, eine Ich-AG zu gründen. Die Nachfolgeregelung, der Gründungszuschuss, soll vor allem eines sein: billiger. So bekommen Arbeitslose, die sich mit einer Ich-AG selbstständig machen, bisher im ersten Förderjahr einen Zuschuss von 600 Euro monatlich, im zweiten 360 Euro und im dritten Jahr immerhin noch 300 Euro monatlich. Macht summa summarum 14.400 Euro – steuerfrei. Endgültig vor dem Auslaufen steht auch das so genannte Überbrückungsgeld, das bisher einkommensabhängig gezahlt wurde. Da Überbrückungsgeld und Ich-AG-Förderung lukrativer sind als die Neuregelung, sollten sich alle sputen, die schon länger den Sprung in die Selbstständigkeit planen. Denn nur, wenn ihre Firma noch im Juni loslegen kann, gibt’s die alte Förderung auf jeden Fall. Wichtig: Wer gefördert werden will, muss ein Gewerbe oder eine freiberufliche Tätigkeit anmelden. Handwerker müssen zudem in der Handwerksrolle eingetragen sein. Sollten die  Arbeits- agenturen den rechtzeitig abgegebenen Antrag im Juni nicht mehr bearbeiten können, dann müsse auch eine rückwirkende Auszahlung der alten Vergünstigung drin sein, meinen Experten.

Honorar-Feilschen beim Anwalt

Preiskampf in der Anwaltskanzlei. Was bisher nur bei Lidl, Aldi und Co. möglich war, erreicht jetzt die Branche der hoch angesehenen Juristen mit voller Wucht. Vor dem anwaltlichen Rat geht’s ab 1. Juli erst mal ans Feilschen. Denn für außergerichtliche Dienste der Paragrafenreiter muss ab diesem Zeitpunkt der (Stunden-) Preis zwischen Anwalt und MandantIn frei ausgehandelt werden. Gebührentabellen gibt es hier dann nicht mehr. Die vom Gesetzgeber erzwungene Aldisierung der Juristerei weckt Bedenken beim Deutschen Anwaltsverein. „Unsere größte Sorge sind Billigangebote“, meint Hartmut Klinger, Präsident der Juristenvereinigung. So hätten sich bereits einige Kanzleien auf das Discountsegment gestürzt. Doch müsse den Mandanten dabei klar sein, dass ein Rechtsrat für 25 Euro nicht so fundiert sein könne, wie eine Beratung für 250 Euro und mehr.

Kleinunternehmer: Neugeregelte Umsatzsteuer

Für viele Selbstständige und InhaberInnen kleinerer Firmen in den alten Bundesländern ist der 1. Juli 2006 ein gutes Datum. Machen sie im Kalenderjahr nämlich weniger als 250.000 Euro Umsatz, können sie die günstigere Ist-Versteuerung bei der Umsatzsteuer beantragen. Bisher lag die Grenze bei 125.000 Euro.Bei der Ist-Versteuerung wird Umsatzsteuer erst fällig, wenn der Kunde gezahlt hat. Bei der Soll-Versteuerung will der Fiskus dagegen schon Geld sehen, wenn die Firma ihre Leistung  erbracht, der Kunde aber noch nicht gezahlt hat. Das Unternehmen muss die Steuer also vorfinanzieren. Im Osten bleibt es bis Ende 2009 bei der Sonderregelung, nach der die Variante der Ist-Versteuerung bis zu einem Umsatz von 500.000 Euro genutzt werden kann.

           (csk)