Abschluss von Aufhebungsverträgen erleichtert
Wer seine Arbeitsstelle aufgibt, muss nicht mehr in jedem
Fall mit Sperrzeiten der Arbeitsagentur rechnen. Neben den verschiedenen
Formen der Kündigung können Arbeitsverhältnisse auch durch
Aufhebungs-
verträge beendet werden, also durch eine einvernehmliche
Auflösung des Arbeitsverhältnisses, bei der die Bedingungen ausgehandelt
werden. Bislang droht hierbei jedoch allen, die keine Anschlussbeschäftigung
haben, eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Bezug des Arbeitslosengeldes
I. Ebenso gibt es bei einem freiwilligen Wechsel von einem unbefristeten
in ein befristetes Arbeitsverhältnis zunächst keine Zahlung von
der Agentur für Arbeit nach Auslaufen des Arbeitsvertrages.
In zwei Entscheidungen hat sich das Bundessozialgericht (BSG) nun mit der Rechtmäßigkeit solcher Sperrzeiten befasst (AZ B 11a AL 47/05 R und B 11a AL 55/05 R) und in beiden Fällen zugunsten der Kläger entschieden. Bedeutung haben die Kasseler Urteile für alle, die über einen Berufsausstieg nachdenken, eine berufliche Neuausrichtung planen oder einer Kündigung zuvorkommen wollen.
So wie etwa der 1941 geborene Arbeitnehmer, dem die Bundesagentur für Arbeit für zwölf Wochen das Arbeitslosengeld verweigert hat. Er hatte einer Aufhebungsvereinbarung zugestimmt, der zufolge er zum 30. November 2003 bei seinem Arbeitgeber ausgeschieden ist. Die Bundesagentur für Arbeit bewertete diese Handlung als „vorsätzlich“. Denn nach der jetzt gültigen Regelung wird eine Sperrzeit dann verhängt, wenn ein Beschäftigter seine Arbeitslosigkeit „vorsätzlich oder grob fahrlässig“ herbeigeführt hat (Paragraph 144 Absatz 1 Nr. 1, III. SGB).
Hätte der Kläger die Aufhebungsvereinbarung
nicht unterzeichnet, so wäre ihm allerdings eine betriebsbe-
dingte Kündigung ausge- sprochen worden, die
sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung
über diese Kündigung hätte aber, so die Feststellungen der
Vorinstanz, nicht zum Erfolg geführt. Daher durfte der Kläger
sich mittels Aufhebungsvertrages eine Abfindung sichern - und musste nicht
auf die Kündigung durch seinen Arbeitgeber warten, bloß um so
eine Sperrzeit zu vermeiden. Die Arbeitsagentur hatte ihm also zu Unrecht
das Arbeitslosengeld verweigert (BSG, AZ B 11a AL 47/05 R).
Ausdrücklich weisen die Kasseler Richter jedoch darauf hin, dass sich diese Entscheidung nicht auf die neue arbeitsrechtliche Lage erstreckt. Inzwischen wird in Paragraph 1a des Kündigungsschutzgesetzes nämlich der Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage mit einem halben Monatsverdienst Abfindung pro Beschäftigungsjahr „belohnt“.
Die künftige Linie des höchsten deutschen Sozialgerichts zeichnet sich damit bereits ab. So beabsichtigt das BSG, dann einen wichtigen Grund für einen Aufhebungsvertrag anzunehmen, wenn sich die vereinbarte Abfindungshöhe an der gesetzlichen Abfindungsregelung von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr orientiert.
Im zweiten Verfahren (AZ B 11a AL 55/05 R) hatte die Klägerin ihre unbefristete Stelle als Angestellte im Vertriebsinnendienst gekündigt und war in ein befristetes Arbeitsverhältnis auf einem anderen Betätigungsfeld gewechselt, das nicht verlängert wurde. Auch hier verhängte die Arbeitsagentur eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Die Klägerin habe ihre Arbeitslosigkeit „mindestens grob fahrlässig“ herbeigeführt, argumentierte die Bundesagentur für Arbeit. Das sah auch das Bundessozialgericht so - allerdings habe die Frau sich auf einen wichtigen Grund berufen können. Wegen der verfassungsrechtlich geschützten Berufswahlfreiheit (Artikel 12 Grundgesetz) habe es ihr offen gestanden, eine attraktiv erscheinende befristete Arbeit anzunehmen, zumal sie dadurch ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten erweitert habe. Auch hier war die Sperrzeit daher zu Unrecht verhängt worden.
Obwohl beide Verfahren zuungunsten der Bundesagentur für
Arbeit (BA) endeten, wird die Nürnberger Behörde vorerst nichts
an ihren internen Durchführungsanweisungen ändern. „Über
die aus den Urteilen zu ziehenden Konsequenzen wird die BA nach Vorlage
der schriftlichen Urteilsgründe entscheiden“, sagte eine Sprecherin
der Bundesagentur.