Terror-Hysterie
Nun hat es also auch Deutschland erreicht. Nicht unbedingt der Terror, aber zumindest die Hysterie. Statt solider Informationen, die es dem interessierten Bürger ermöglichen würde, sich ein realistisches Bild von den Vorfällen zu machen, nur Panikmache. Auf den Bahnhöfen erschallen jetzt im Fünf-Minuten-Takt Aufforderungen, man solle „verdächtige Vorfälle“ melden. Unterdessen leiern die Scharfmacher der CDU/CSU die übliche Liste aus dem Inventar des Überwachungsstaates herunter, die nun unbedingt umgesetzt werden müßte.
Seit einiger Zeit gibt es auf der einen neuen Posten: Die Bundeswehr soll auf Terroristenjagd gehen. Das ist natürlich höchst albern, aber der Hintergrund ist wie auch beim Ausbau der allgemeinen Bespitzelung ein anderer. Man will sich gegen soziale Be- wegungen im Inneren absichern, auch wenn die bisher alle samt ziemlich harmlos sind. Da kommt so eine kleine Terrorhysterie gerade richtig. Nähere Informationen über diese überaus merkwürdigen Kofferbomben sind da eher störend. Denn dann könnte ja rational über das tatsächliche Ausmaß der „Terror-Gefahr“ diskutiert werden. Den Schreiber dieser Zeilen beschleichen jedenfalls gewisse Zweifel an der offiziellen Version. Die offenbar verwendeten Propangasflaschen sind jedenfalls nach Ansicht verschiedener Fachleute gar nicht ohne weiteres in der Lage, eine verheerende Explosion auszulösen. Und das Verhalten der beiden Hauptverdächtigen scheint auch nicht gerade für hartgesottene, kühl agierende Terroristen zu sprechen. Der eine reist erst in den Libanon, kehrt dann zurück, um sich hier festnehmen zu lassen, der andere stellt sich im Libanon den Behörden. Derlei hat man bisher noch nicht erlebt.
Fragen über Fragen. Aber eins ist sicher: Die Kofferbomber
sind ganz nützlich. So lange sich die Öffent-
lichkeit mit ihnen beschäftigt, fragt keiner, was
eigentlich um Himmels Willen deutsche Soldaten im Libanon sollen. Sich
auf einen Guerillakrieg mit Hisbollah einlassen? Mitmischen, wenn
die USA vielleicht doch demnächst den Iran angreifen und damit die
ganze Region in einen einzigen Kriegsschauplatz verwandeln? Eigentlich
müsste die Friedensbewegung ganz schnell in die Puschen kommen. Hoffen
wir, dass die Manifestationen am 1. September etwas kraftvoller als in
den vergangenen Jahren sind.