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Antifaschismus:

Es bleibt dabei

In Kiel ist kein Platz für Nazis

Am 3. Juni und am 1. Juli haben AnhängerInnen der faschistischen NPD versucht, in Kiel zu demonstrieren. Am 3. Juni wurde die Demonstration untersagt mit der Begründung, die Polizei könne wegen zahlreicher anderer Veranstaltungen am gleichen Tag angesichts der zu erwartenden anti-
faschistischen Mobilisierung nicht für die Sicherheit der Faschisten garantieren. An diesem Tag fand keine Nazi-Aktion statt. Am 1. Juli wurde die Demonstration mit einer ähnlichen Begründung verboten; statt-
dessen wurde eine Kundgebung am Hauptbahnhof, an der 21 NPDlerInnen um den Kieler Kreisvor-
sitzenden Hermann Gutsche teilnahmen, von mehreren  Hundertschaften Polizei bewacht. Die Versuche, PassantInnen faschistisches Gedankengut nahe zu bringen, scheiterten an der lautstarken Präsenz antifaschistischer DemonstrantInnen.

In beiden Fällen haben antifaschistisch gesinnte Menschen in Kiel außerordentlich schnell und effektiv auf die ganz kurzfristig bekannt gewordenen Aktionen bzw. Vorhaben reagiert. Vor dem 3. Juni wurden im gesamten Südfriedhof-Viertel, durch das die Polizei die NPD zunächst hatte hindurchgeleiten wollen – wenn nötig, mit Wasserwerfer-Einsatz. Um solch schwerem Gerät die Durchfahrt zu ermöglichen, sollten die AnwohnerInnen die Parkplätze vor den Häusern räumen. Die BewohnerInnen wurden informiert und zur  fantasievollen Gegenwehr aufgerufen. Nicht zuletzt dieser Umstand und die von vielen öffentlich, auch über die Lokalpresse geäußerte Empörung über den geplanten Nazi-Aufmarsch – und nicht einfach die angeblich erwarteten „1.500 Autonomen“ und die in den KN reißerisch prophezeiten „Krawalle“ – dürfte ein Umdenken bei den Ordnungsbehörden und das schließlich ausgesprochene Demonstrationsverbot veranlasst haben. Trotz der Bekanntgabe des Verbots u.a. im Rundfunk und den Kieler Nachrichten, beteiligten sich noch etwa 400 Menschen an einer Protestkundgebung, zu der der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus aufgerufen hatte.

Inzwischen hat die NPD weitere Demonstrationen und andere Aktionen in Aussicht gestellt. Angesichts dessen bekräftigen wir nachdrücklich unsere bekannte Auffassung: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

In unserer Stadt ist für Faschisten kein Platz. Wer versucht, ihnen öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen, wird auf Widerstand stoßen. Von der Stadtverwaltung erwarten wir, dass keine Nazi-Aktionen mehr genehmigt werden. Selbst wenn die Nazis von Fall zu Fall vor Verwaltungsgerichten Recht bekommen, so wäre ihnen damit unter anderem die Durchführung von Geheim-Aktionen erschwert. Zu solchen Aktionen dürfen die Ordnungsbehörden in keinem Fall die Hand reichen. Innerhalb der Behörden gibt es offenbar  wider- streitende Ansichten (und entsprechend widersprüchliches Verhalten) zur Frage der öffentlichen Bekanntgabe von beantragten Aktivitäten der Nazis. Von Nazi-Seite gibt es Überlegungen bzw. entsprechende Angebote, den Behörden einen Verzicht auf breite Mobilisierung zu signalisieren, wenn andererseits die Stadt nichts nach außen dringen lässt – mit der Etablierung wiederkehrender Einsätze wie Infoständen, Kundgebungen und kurzen Märschen mit eher geringer Beteiligung wären die Nazis in Kiel fürs erste wohl zufrieden.

Die Stadt muss sich endlich deutlich dazu bekennen, dass sie faschistische Aufmärsche grundsätzlich wegen ihrer Inhalte ablehnt und dass sie die Mobilisierung von Gegen-Öffentlichkeit für wünschenswert hält.

Alle Versuche – ob von PolitikerInnen, JournalistInnen oder der Polizei – die Nazis als die eigentlich gewaltfreien und eher harmlosen Kräfte hinzustellen und antifaschistische DemonstrantInnen als die eigentlichen Störer, Krawallmacher und Gewalttäter zu  verunglimpfen, weisen wir zurück. Eine absurdere Verdrehung der Tatsachen kann man sich kaum vorstellen. Dies ist zugleich eine  Beleidigung all der Opfer, die die faschistische Gewalt in diesem Land in den letzten Jahren gefordert hat. Der Protest gegen  Nazi- Aktivitäten wird von Menschen aus vielen Spektren der Gesellschaft getragen, auch in unserer Stadt. Sie dürfen nicht kriminalisiert werden. Eine Beschneidung des grundgesetzlich geschützten Demonstrations-
rechts sehen wir in der Tatsache, dass antifaschistische Demonstrationen von PolizistInnen umfassend gefilmt werden.

Es ist zu erwarten, dass die Faschisten in Kiel einen erneuten Anlauf unternehmen werden, um sich im Stadtbild als Teil des akzeptierten politischen Spektrums zu etablieren. Gleichzeitig gibt es in letzter Zeit vermehrt gewalttätige Übergriffe durch bekannte Faschisten, etwa in Gaarden, denen unbedingt Einhalt geboten werden muss. Wir fordern alle PolitikerInnen, besonders die Ratsmitglieder auf, sich unmissver-
ständlich gegen jegliche Auftritte der NPD und anderer faschistischer Kräfte auszusprechen und nach ihren Möglichkeiten zu Gegenöffentlichkeit und Gegenwehr beizutragen. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass unsere Stadt ein schlechtes Pflaster für Faschisten bleibt.

Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus in Kiel
Bettina Jürgensen, Dietrich Lohse (Pressemitteilung vom 25. Juli 2006)
 

Die Aktionen gegen den Nazi-Aufmarsch am 29.01.2005 waren ein großartiger Erfolg für die Kieler Linke. Hier ist ohne Frage etwas besonderes passiert. An der Demonstration des Runden Tisches sowie den parallel laufenden und nachfolgenden Aktionen beteiligten sich mehr als 8000 Menschen.