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Ex-Innenminister Schily erntet die Früchte seiner Arbeit

Als Bundesinnenminister kämpfte Otto Schily für Biometrie-Pässe. Als Abgeordneter hat er nun einen Nebenjob: bei Anbietern eben jener Dokumente. "Eine bewanderte und einflussreiche Persönlichkeit", "eine treibende Kraft hinter der weltweiten Einführung elektronischer Reisepässe" - mit überschwänglichen Worten begrüßt die Münchner Firma SAFE ID Solutions AG jetzt ihr neues  Aufsichtsratsmitglied.  "Bundesinnenminister a.D, Otto Schily" werde "sein Wissen und das weltweite Vertrauen in seine Person" ganz im Sinne des Unternehmens einsetzen, lobt die Firma, die sich selbst als führenden Anbieter von "Hochsicherheitslösungen" für  Reise- dokumente anbietet. Auch eine zweite Firma hat den Mann mit dem prominenten Namen offenbar für einen Nebenjob im Aufsichtsrat gewonnen - die Biometric Systems AG, ebenfalls tätig auf dem Feld jener elektronisch lesbaren Personaldokumente, die Otto Schily in seinem früheren Hauptjob als Innenminister mit Verve durchgefochten hat.

Abgeschmackt

Kaum bekannt geworden, könnte der neue Nebenjob des Ex-Ministers jedoch nun ein unerfreuliches Nachspiel für den  Bundes- tagsabgeordneten Schily haben. "Abgeschmackt" findet der FDP-Abgeordnete Burkhardt Müller Sönksen, dass ein ehemaliger  Innenminister, der "wie kein anderer" die Einführung der Biometrie-Ausweise forciert hat, nun ausgerechnet für Firmen der Biometrie -Branche arbeitet. "Die haben doch nicht Otto Schilys Intelligenz sondern sein Netzwerk eingekauft", schimpft der FDP-Mann und hat bereits eine Anfrage im Bundestag gestartet. Auch die Grünen fordern parlamentarische Aufklärung. "Das ist ein unmöglicher Vorgang, wenn ein Ex-Innenminister nahtlos in einem Wirtschaftsbereich tätig wird, dem er in der Exekutive Aufträge erteilt hat", schimpft Grünen-Innenexpertin Silke Stokar. Stokar kann sich noch lebhaft erinnern, wie sie im vergangenen Jahr als Vertreterin des kleinen grünen Koalitionspartners vergeblich darum kämpfte, vom Innenminister zu erfahren, welche Firma welche Aufträge erhielt für die technische und wissenschaftliche Entwicklung des neuen biometrischen Reisepasses, dessen europaweiter Vorkämpfer Otto Schily war. Dazu erklärte Petra Pau, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE  und Mitglied im Innenausschuss: "Wieder liegt der Verdacht nahe, dass sich ein Minister des rot-grünen Schröder-Kabinetts seine Politik mit goldener Münze belohnen lässt."

Die beiden Firmen, für die der Minister a. D. nun im Aufsichtsrat sitzen soll, waren zumindest nicht dabei, versichert jetzt das  Innen- ministerium. Zu beiden Unternehmen gebe es "keine vertraglichen Beziehungen". Eine der genannten Firmen war jedoch immerhin Unterauftragnehmer der Firma Bosch, die vom Ministerium den Zuschlag für den Aufbau der biometrischen Grenzkontrollen am  Flughafen in Frankfurt am Main bekommen hat. Dass Schily aber überhaupt in seinem ehemaligen Zuständigkeitsbereich tätig wird, verstößt gegen die "politische Hygiene" schimpft die FDP. Die Grünen fordern ein Gesetz, das Anschlussjobs an Regierungsämter verbietet, wie sie zuletzt Ex-Kanzler Gerhard Schröder beim russischen Gaskonzern Gasprom angenommen hat.

Die Bundesregierung ist einem Pressebericht zufolge mit der Tätigkeit des früheren Bundesinnenministers Otto Schily (SPD) für zwei Biometrie-Firmen befasst. In einer der "Welt am Sonntag" vorliegenden schriftlichen Anfrage verlangt der Grünen-Abgeordneten Volker Beck demnach Auskunft, welchen Zusammenhang die Regierung zwischen der Entscheidung, biometrische Merkmale in Pässe aufzunehmen, und Schilys Aufsichtsratstätigkeit bei den Firmen sehe und wie sie dies beurteile.

Schily selbst räumte im Gespräch mit dem Magazin Stern ein, er habe am Biometrie-Pass-Anbieter SAFE ID-Solutions auch eine  "wirk- lich minimale Beteiligung" erworben. Pau sagte dazu: "Schily hatte diesen Firmen praktisch von Staats wegen einen Markt verschafft, an dessen Gewinn er nun beteiligt ist. Wer derart geschäftstüchtige Abgeordnete hat, braucht keine Lobby mehr."

csk