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Kommentar:

Dummdreist

Vattenfall will das AKW Brunsbüttel länger als bisher vorgesehen laufen lassen. Ausgerechnet Brunsbüttel, jener Skandalreaktor, in dem schon mal die Techniker eine automatische Abschaltung einfach unter-
drückten. 1978 war das. Ein größerer Unfall wurde nur dadurch vermieden, weil nach Schichtwechsel die neue Mannschaft den Bedienungsfehler ausbügelte. Aber das war nur einer von mehreren schwerwiegenden Vorfällen in Brunsbüttel. Vattenfalls Vorstoß ist daher an Unverfrorenheit kaum zu überbieten. Erst Ende Juli hatte sich im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark ein schwerer Unfall ereignet, der um Haaresbreite zur Kernschmelze geführt hatte. Bei einem Kurzschluss im Hochspannungsnetz war die Verbindung des Kraftwerks zum Netz nicht rechtzeitig gekappt worden. Die Folge war, dass die Überspannung zwei Wechselrichter lahm legte. Das wiederum führte dazu, dass die Notstromversorgung nicht plangemäß arbeitete. Betreiber von Forsmark ist ebenfalls ein Unternehmen der Vattenfall-Gruppe.

Nach dem Unfall tönten hiesige Kraftwerksbetreiber, auch Vattenfall, ein ähnlicher Unfall sei in Deutschland undenkbar. Die  Not- stromsysteme arbeiten nur mit Gleichstrom und bräuchten gar nicht die Wechsel-
richter, die in Forsmark so dramatisch versagt hatten. Mitte August stellte sich dann heraus, stimmt nicht ganz: In Brunsbüttel verlässt man sich zum Teil auch auf Wechselstrom bei der Versorgung der Notsysteme. Aber anstatt sich für die Irreführung der Öffentlichkeit zu Entschuldigen und eiligst umzurüsten, wird man frech. Genehmigte Strommengen anderer Atomkraftwerke sollen auf das Konto des Brunsbütteler AKW umgeschrieben und so dessen Laufzeit über 2009 hinaus verlängert werden.

Wie eh und je spielen also die AKW-Betreiber mit der Sicherheit von Millionen Menschen. In den Zeiten des allgegenwärtigen  Neo- liberalismus ist es ja ein bisschen aus der Mode gekommen, aber man sollte es des öfteren mal laut sagen: Solchen Unternehmen gehört das Handwerk gelegt. Die AKW müssen abge-
schaltet und die Konzerne enteignet werden. Energieversorgung gehört in die öffentliche Hand und zwar am besten in die der Kommunen. Das ist wirtschaftlich effizienter, dort können umweltschonendere Lösungen umgesetzt werden und es ist nicht zuletzt demokratischer.

          (wop)