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Mindestlöhne:

Ein fauler Kompromiss

Die SPD hat ihr Mindestlohnkonzept vorgestellt. Ein beschlussunfähiger, so genannter Gewerkschaftsrat, sieht in der Bekämpfung von Armutslöhnen zunächst nur tarifvertragliche Lösungen .Der sozialdemo-
kratische Gewerkschaftsrat setzt sich aus dem SPD-Präsidium sowie den Vorsitzenden der Einzelge-
werkschaften, soweit sie SPD-Mitglieder sind, zusammen.

Die Empfehlungen des SPD-Gewerkschaftsrats im Einzelnen:

• Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sollte auf alle Wirtschaftsbereiche ausgedehnt werden, um branchen-
bezogene Mindestlöhne zu ermöglichen. Das wird bereits im Baugewerbe mit Erfolg praktiziert. Das Entsendegesetz bedeutet, dass der Minister für Wirtschaft und Arbeit per Rechtsverordnung Mindest-
standards in einer Branche für allgemeinverbindlich erklärt, die die Tarifpartner zuvor ausgehandelt haben. Diese Mindeststandards gelten dann zwingend für alle in Deutschland arbeitenden in- und ausländischen Firmen und  Be- schäftigten. Die Hoheit über die Mindestlöhne liegt demzufolge nach wie vor bei den Tarifparteien.

• Das Instrument der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen muss gestärkt werden. Aufgrund der Blockadehaltung der Arbeitgeberverbände wird es nur noch auf 1,8 % aller Tarifverträge angewandt. Allgemeinverbindlicherklärung nach Tarifvertragsgesetz bedeutet, dass der Gesetzgeber die von den Tarifparteien ausgehandelten Tariflöhne als unterste Grenze für die ganze Branche festlegt. Darauf muss sich der so genannte Tarifausschuss einigen, der paritätisch mit jeweils drei Arbeitgeber- und drei Arbeitnehmervertretern besetzt ist. Vorraussetzung ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens die Hälfte der unter den Geltungsbereich des  Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen.

• Für Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt oder wo diese nicht greifen sowie für Branchen, in denen die Tarifentgelte ein Mindestniveau unterschreiten, wird ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt.

• Dieser Mindestlohn sollte bei Vollzeitbeschäftigung eine eigenständige Existenz-sicherung gewährleisten. Er sollte auf Stundenbasis erfolgen, vergleichbar zum Niveau unserer wichtigsten europäischen Nachbarländer. Beispiele: In Frankreich beträgt der Mindestlohn 7.61 € und in England 7.30 €.

• Zur Festlegung und Dynamisierung des gesetzlichen Mindestlohns sollte im Einvernehmen mit den Tarifparteien eine unabhängige Kommission eingesetzt werden.

„Das so genannte Mehrstufen-Konzept von SPD- und Gewerkschaftsspitzen für einen Mindestlohn ist ein fauler Kompromiss. Die Menschen, die heute für 3 Euro pro Stunde arbeiten müssen und deshalb von ihrer Arbeit nicht leben können, brauchen die schnelle Einführung des Mindestlohnes und keine Verschiebung auf den St. Nimmerleinstag. Letzteres aber ist angesichts der Herumeierei der SPD in Bezug auf die Durch-
setzung des Mindestlohnes in der Koalition zu befürchten. Die SPD hat es versäumt, den Mindestlohn von 8 Euro die Stunde wie in Frankreich zur Bedingung für ihren Eintritt in die große Koalition zu machen.“ erklärte der Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Oskar Lafontaine.

Die CDU/CSU  lehnt weiterhin einen gesetzlichen Mindestlohn ab. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla betonte, mit seiner Partei werde es einen gesetzlichen Mindestlohn nicht geben. „Da können sich Gewerkschaften und SPD an uns die Zähne ausbeißen“, sagte Pofalla.

hg