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KWG-Verkauf:

Es geht doch schlimmer

Einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge sucht die US-amerikanische „Blackstone-Gruppe" zur Zeit nach Interessenten für das Wohnungspaket, das sie Ende 2004 für 1,4 Milliarden Euro von der angeschlagenen Beteiligungsgesellschaft WCM übernommen hatte. Zu diesem Paket gehören auch die 9.500 Wohnungen der ehemals kommunalen Kieler Wohnungsbaugesellschaft. Der Kieler Mieterverein kritisiert diesen neuerlichen Verkauf heftig; mit jedem Verkauf werde Gewinn abgeschöpft und dem Unternehmen die Liquidität entzogen, die es braucht, um seinen Bestand zu pflegen und zu modernisieren. Instandhaltungsrücklagen Ade! Für den Kieler Mieterverein liegt auf der Hand, dass Investoren mit kurzfristigen Renditezielen nicht das geringste Interesse daran haben, in die Bestände zu investieren, sie aufzuwerten, die Stadtteile zu pflegen.

„Schlimmer hätte es nicht kommen können" kommentierte der Kieler Mieterverein den Verkauf an WCM im Jahre 1999. Diese Befürchtungen sieht der Verein nunmehr bestätigt. Die Sache ist um so bedrohlicher, als auch die anderen großen  Wohnungsbauge- sellschaften in Kiel eine ähnliche Entwicklung durchlaufen. Die ehemalige BIG-Heimbau Genossenschaft mit knapp 10.000 Wohnungen wurde erst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und dann an die Deutsche Annington verkauft. Die ehemals landeseigene LEG Schleswig-Holstein mit zuletzt rund 22.000 Wohnungen ist erst an die HSH-Nordbank und ein Hamburger  Unter- nehmen und dann vor Mitte Oktober an die italienische Pirelli Real Estate verkauft worden. Der Kieler Werkswohnungsbestand mit ebenfalls rund 10.000 Wohnungen wurde zerlegt – einen Teil hat der Verlagserbe Alexander Falk erworben, der andere Teil ist mehrfach weiterveräußert worden und liegt nach letzten Informationen bei der amerikanischen Investmentfirma Babcock und Brown LP in San Francisco. Mit diesen Verkäufen sind die meisten preiswerten Wohnungen und eine Mehrheit an Sozialwohnungen über den Ladentisch gegangen.

Und die Auswirkungen? Aus der LEG Schleswig-Holstein ist die DGAG geworden. Das Unternehmen hat sich unlängst von den als unwirtschaftlich angesehenen Wohnungen in der Moltkestraße getrennt und sie quasi zum Abriss freigegeben. Auch in Sachen Mieterhöhung ist die DGAG nicht zimperlich. Gerade hat sie einen Prozess verloren, in dem sie rückwirkend für ein ganzes Jahr eine Mieterhöhung geltend gemacht hatte, obwohl zu einem späteren Zeitpunkt aus dem gleichen Grunde schon eine Mieterhöhung verlangt und akzeptiert worden war.

Auch bei der Kieler Wohnungsbaugesellschaft muss man auf Überraschungen gefasst sein: Wer dort eine Wohnung sucht, muss sich intensiv „durchleuchten" lassen und damit rechnen, dass seine „Wohnfähigkeit" durch einen Besuch in der bisherigen Wohnung überprüft wird. Ohne makellose SCHUFA-Auskunft und Bescheinigung des bisherigen Vermieters ist es schwer, bei der KWG eine Wohnung zu bekommen.

All diese Prozesse treffen vorrangig diejenigen, die es ohnehin schwer haben, eine angemessene Wohnung zu finden. Insgesamt kommt das preiswerte Marktsegment durch das sich immer schneller drehende Verkaufskarussell enorm unter Druck. 


(Pressemitteilung des Kieler Mietervereins)