Nächste Seite
Stadtentwässerung:

Die Gebühren werden steigen

Offener Brief von Attac an die an der Kieler Stadtentwässerung beteiligten Umlandemeinden, deren kritische Haltung zur  Rechtsform- änderung unter Beteiligung privater Investoren unterstützt wird.

Die Fraktionen der CDU und der Grünen der Kieler Ratsversammlung beschlossen am 12.10.2006 die Rechtsformänderung der Kieler Stadtentwässerung in eine Anstalt Öffentlichen Rechts unter Beteiligung privater Investoren. Attac-Kiel spricht sich entschieden gegen dieses Vorgehen aus und möchte die kritische Haltung vieler beteiligter Umlandgemeinden unterstützen. Die Privatisierung der Betriebe der Daseinsvorsorge und die Rechtsformänderung der Stadtentwässerung dienen dazu, den öffentlichen, solidarischen Sektor unserer Gesellschaft abzubauen und deren Dienstleistungen einem unerbittlichen Wettbewerb auszusetzen.

Private Investoren sind in erster Linie am Gewinn orientiert und nicht am Erhalt einer optimalen und kostengünstigen Versorgung, bzw. Entsorgung des Kieler Abwassers. Deshalb haben Privatisierungen immer die gleichen Folgen: die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger ist bald nicht mehr gewährleistet, die Qualität der Dienstleistungen sinkt, die Gebühren steigen, Arbeitsplätze werden mittelfristig doch abgebaut. Die Folgen der Arbeitslosigkeit trägt die Gesamtgesellschaft, nicht der Private. Durch den  Wett- bewerb verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen und das Einkommen der noch verbleibenden ArbeitnehmerInnen. Die  demo- kratischen Steuerungs-, Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeiten der Kommunen werden zunehmend aufgegeben.

Im Fall der Kieler Stadtentwässerung stellen sich viele ungeklärte Fragen:

Gebühr und Finanzen

• Wie konnte es zu einem Sanierungsrückstau von etwa 80 Mio Euro kommen, wenn die Abwassergebühr nach dem Kommunalabgabengesetz so kalkuliert wird, dass genügend Rücklagen für Investitionen hätten gebildet und diese zweckgebunden erhoben werden müssen? Den Investitionsstau haben die BürgerInnen über die Gebühren schon bezahlt.  Daher stellt sich die Frage, wo das Geld geblieben ist – es hätte zurückgelegt werden müssen. Nach einer Privatisierung würden wir doppelt bezahlen.

• Die Gebühren werden steigen, wegen der Gewinnerwartungen und der Belastung durch die in Zukunft zu zahlende Mehrwertsteuer. Ein gewinnorientierter Betrieb kann nicht billiger sein!

• Die benötigten Kredite kann die Stadt auch selbst aufnehmen und bekommt sie sogar günstiger als Private.

• Wodurch käme das beabsichtigte 10%ige Einsparpotential durch Private zustande? Bedeutet dies, dass die Entwässerung in kommunaler Hand schon jetzt bis zu 10% einsparen könnte und wenn ja, warum tut sie es nicht selber?

• Wofür waren die drei (teuren) Gutachten nötig?

• Nach Beteiligung Privater gelten alle Wettbewerbsregeln wie z.B. das EU-Recht, dessen Einhaltung unnötig teure juristische Arbeit und Ausgaben erfordert. Wurde dieses Problem und die Kosten von der Kieler Ratsversammlung bedacht?

• Kurzfristiges Stopfen der Haushaltslöcher bietet keine langfristige Lösung, sondern verschlimmert die Haushaltssituation in Zukunft.

• Wer trägt die finanziellen Folgen bei einer Insolvenz.

Qualität der Entsorgung

• Welches Interesse soll ein Privater haben, Umweltstandards wie vorsorgenden Gewässer-, Grundwasser- und Bodenschutz über ein gesetzliches Mindestmaß hinaus umzusetzen und in eine Verbesserung zu investieren?

• Der Private hat vor allem Interesse an der operativen Geschäftsführung. Die teure Erhaltung der Infrastruktur wird weiter an der Stadt und den Gemeinden hängen bleiben.

• Welches zusätzliches Fachwissen soll eingekauft werden, das nicht auch die bestehende Belegschaft besitzt oder dafür fortgebildet werden könnte?

Arbeitsplätze

• Wird die Belegschaft aus dem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis ausgegliedert?

• Welche Auswirkungen hat es, wenn der Private zunehmend Aufträge an Fremdfirmen vergibt?

Demokratieverlust

• Wie will die Ratsversammlung gewährleisten, dass die öffentliche Kontrolle und die öffentliche Einsichtnahme in Unternehmensvorgänge nach der Beteiligung eines Privaten noch möglich ist und das Recht auf Akteneinsicht in umweltrelevante Vorgänge nicht ausgehebelt wird?

• Es kann in der Abwasserbeseitigung nur einen lokalen Betreiber geben, daher wird es immer ein Monopol bleiben. Deshalb ist es entscheidend, wer über dieses Monopol bestimmt. Nach einer Privatisierung würden aus BürgerInnen mit Rechtsanspruch KundInnen ohne Wahlfreiheit.

• Werden die Verträge wieder geheim sein, wie bei den Stadtwerken?

Wieso wollen sich die Ratsmitglieder aus der Verantwortung ziehen? Sie haben die Zweckentfremdung der Abwassergebühren verursacht, also sollen sie in die Pflicht genommen werden, nicht die BürgerInnen.

Wir entlassen die Kieler Ratsversammlung nicht aus ihrer Verantwortung!
Bitte entscheiden Sie sich im Sinne ihrer BürgerInnen für den Erhalt der kommunalen Abwasserentsorgung und gegen die Beteiligung an einer Betriebs-GmbH.

Mit freundlichen Grüßen
für Attac-Kiel und das Bündnis Kielwasser
Daniela Grant, Uwe Stahl