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Novellierung des Landeshochschulgesetzes:

Ausverkauf der Hochschulen

Der Bildungsausschuss des Landtages hat im Januar dem Entwurf des neuen Hochschulgesetzes (HSG) zugestimmt und zur zweiten Lesung an den Landtag verwiesen. Voraussichtlich wird die Gesetzesnovelle zum 1. April 2007, pünktlich zum Beginn des  Sommer- semesters, in Kraft treten. Der zuständige Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Austermann kann vor Freude kaum an sich halten. Das Gesetz bedeute „einen kräftigen Sprung nach vorn für moderne Management-Strukturen, weniger staatliche Einmischung in den Hochschulsektor und damit bessere Voraussetzungen für mehr Exzellenz in Lehre und Forschung“.

Im Klartext geht es im Kern um den Abbau der wenigen demokratischen Mitbestimmungsrechte, die Studierende und MitarbeiterInnen innerhalb der Schleswig-Holsteinischen Hochschulen haben. So soll das Konsistorium, bislang paritätisch besetzt mit je einem Drittel ProfessorInnen, Studierenden und MitarbeiterInnen und zuständig für die Grundsatzentscheidungen wie die Wahl des Rektors und der Prorektoren, abgeschafft werden.

Der Senat hingegen, ein Gremium in dem die Professorenschaft dominiert, erhält weitere Befugnisse: Er entsendet (neben dem Hochschulrat) vier Mitglieder in die Findungskommission, die eine Liste für die Wahl des Präsidiums – bestehend aus PräsidentIn, VizepräsidentIn und KanzlerIn –, das das Rektorat ersetzen soll, aufstellt. Außerdem wird ein neues Gremium, der Hochschulrat installiert. Die Landesregierung bezeichnet diesen gerne auch als „Aufsichtsrat“. Dieses Gremium setzt sich aus vier Mitgliedern, die nicht der Universität angehören (!) und einen Vorsitzenden hinzu wählen, zusammen.

Der AStA der Uni Kiel kommt zu dem Schluss „dass die angeblich zu reduzierende Bürokratie mit dem neuen Hochschulgesetz noch weiter zunehmen wird. Die Studierendenschaft wird bis auf die vier Sitze im Senat vollkommen aus der Hochschulpolitik verdrängt und büßt fast jegliches Mitbestimmungsrecht ein. Stattdessen wird auf schleichendem Wege u.a. über den/die Kanzler/in der Hochschulrat zur federführenden Macht und die Universitätsverwaltung somit der Wirtschaft übergeben“.

Aber die politisch fragwürdigste Änderung im neuen HSG ist die Streichung des bisherigen Paragraphen 80. Dort heißt es bislang: „Für ein Studium, das zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führt […] werden Studiengebühren grundsätzlich nicht erhoben“.

Monatelang sah es so aus, als ob auch in Schleswig-Holstein Studierende alsbald Gebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester würden bezahlen müssen. Jedoch hat sich der Koalitionsausschuss von SPD und CDU nach massiven Protesten der Studierenden im Dezember darauf geeinigt, das Thema in dieser Legislaturperiode nicht mehr anzurühren. Aber spätestens in 2010 dürfte das Thema wieder auf der politischen Tagesordnung stehen. Und durch die Novellierung des HSG ist dann die erste Hürde auf dem Weg zu Studiengebühren schon gefallen. Für den AStA der Uni Kiel ist dieser Schritt „neben der Einführung des Hochschulrates der bedrohlichste im neuen Hochschulgesetz, da er den Grundsatz von Bildung als Menschenrecht und nicht als Ware aufhebt und der sozialen Ungerechtigkeit und zusätzlicher finanzieller Belastung für Studierende den Weg ebnet“.

Einer der wenigen Lichtblicke im Gesetzentwurf ist die Möglichkeit, dass zukünftig nicht nur die Meisterprüfung sondern auch andere Ausbildungsgänge, wie die der staatlich geprüften Techniker, als Voraussetzung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums gelten sollen.

Neben den Hochschulen selbst, haben auch Sozialverbände, Gewerkschaften und die Oppositionsparteien im Landtag ihre Kritik am Gesetzentwurf vorgebracht. Die Vorsitzende des SSW im Landtag, Anke Spoorendonk fasst die Kritik so zusammen: „Der SSW wird diesem Gesetz im Landtag garantiert nicht zustimmen, denn es entmündigt die Universitäten, beschneidet die Mitbestimmung der Studierenden und öffnet die Tür zu Studiengebühren noch einen spaltbreit mehr.

Die Kollegen von CDU und SPD haben offensichtlich geschlafen, als die Hochschulen ihre massive Kritik an dem Gesetzentwurf vorgetragen haben. Jedenfalls ignoriert ihre Reform alle Einwände der Betroffenen, sowohl der Leitungen und Beschäftigten als auch der Studierenden als Nutzer der Universitäten. Mit einem solchen obrigkeitsstaatlichen Diktat wird man kaum eine neue Kultur des Lehrens und Lernens fördern, die unsere Hochschulen so dringend brauchen, um fit für den nationalen und internationalen Wettbewerb zu werden.“

Der Landtag wird in der Sitzungswoche 24. - 26.01.2007 über das neue Hochschulgesetz in zweiter Lesung beschließen.

    (mk)