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Positionen des „Bündnis Kielwasser“

Zur aktuellen Lage der Stadtwerke Kiel

1 - Die Zerschlagung der Stadtwerke Kiel muss verhindert werden.

Die Übernahme des durch die Stadt Kiel verkauften Anteils der Kieler Stadtwerke an den MVV-Konzern zeigt schwerwiegende Folgen. Der Konzern ist in erster Linie am Gewinn orientiert und will die Stadtwerke auf das "Kerngeschäft" reduzieren. Dies betreibt er durch Ausgliederung von Geschäftsbereichen in den Mutterkonzern MVV , die Einschränkung des Servicebereiches und die „Verschlankung“ des Betriebes durch Arbeitsplatzabbau und Kürzung der Leistungsbezüge bei den Beschäftigten.

Ein ursprünglich durch das Wissen und Können der Kieler StadtwerkerInnen entstandener Servicebetrieb für die entscheidenden Bereiche der Daseinsvorsorge (Wasser, Strom, Fernwärme, Gas) wird der Kontrolle durch die Kieler Kommunalverwaltung weitgehend entzogen. Diese Maßnahmen werden mit dem Wettbewerb auf dem Markt und neuerdings auch der Regularien der Bundesnetzagentur begründet, die eigentlich dazu dienen sollten, die Verdienste für Konzerne über die Netznutzung zu Gunsten der VerbraucherInnen zu beschränken. Das führte jedoch dazu, dass der Wettbewerbsdruck auf kommunale Stadtwerke verschärft wird und  führt letztlich zu Auslieferung und Verkauf der Betriebe der kommunalen Daseinsvorsorge an die großen Konzerne. Der MVV-Konzern, der die operative Leitung der Stadtwerke übernommen hat, vernichtet mit seinen Maßnahmen produktive und für die Versorgungssicherheit der Kieler BürgerInnen wichtige Geschäftsbereiche.

Es scheint das Ziel zu sein, die Stadtwerke unwiederbringlich der städtischen Kontrolle und dem Einfluss der Kieler BürgerInnen zu entziehen. Alles wird auf die Erwirtschaftung von Gewinnen auf dem europäischen Markt ausgerichtet. Kommunale Betriebe der Daseinsvorsorge sollten aber vor allem im Interesse der BürgerInnen eine sichere, kostengünstige, umwelt- und menschenverträgliche Versorgung sichern. Wenn darüber hinaus Gewinne gemacht werden, was ja bei den Stadtwerken in der Vergangenheit immer der Fall war, können Kommunen und Städte diese Überschüsse zur Stützung kostenintensiver Bereiche (Öffentlicher Nahverkehr, Abwasseraufbereitung, Bildungseinrichtungen usw.) verwenden. Dies ist vernünftig und unter kommunaler Kontrolle auch legitim.

Es wird klar, dass der Anteilsverkauf der Kieler Stadtwerke ein grundlegender Fehler der Kommunalpolitik war und nicht die Interessen und die Eigentumsrechte der Kieler BürgerInnen im Blick hatte.

2 - Arbeitsplätze erhalten und neue Geschäftsfelder entwickeln.

Es ist vor dem Hintergrund der Geschichte, der Bedeutung der Stadtwerke und ihrer Aufgaben für Kiel unverantwortlich, Ausgliederung von Geschäftsbereichen und Einsparungen im Servicebereich vorzunehmen. Die Kompetenzen der Belegschaft sind gerade für die vielfältigen Aufgaben der Zukunft zu erhalten und nicht durch Entlassungen einzuschränken. Im Gegenteil, die Weiterbildung sollte in Angriff genommen werden und neue Geschäftsfelder - auch in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Handwerk -  könnten gerade unter Mitarbeit der KollegenInnen kompetent entwickelt werden. Aktuell wäre hier z.B. die Beratung und Fachkompetenz bei der Reduzierung des Energieverbrauchs zu nennen. Die Stadtwerke Kiel waren in der Vergangenheit im Hinblick auf die Versorgung immer vorbildlich, das muss auch in Zukunft so bleiben. „Freisetzungen“ sind generell eine Belastung der ganzen Region, denn die Gewinne der Konzerne bezahlen die BürgerInnen letztendlich durch vermehrt notwendig werdende Sozialunterstützungen entlassener MitarbeiterInnen und deren Familien. Das ist der falsche Weg!

3 - Ausbau des Gemeinschaftskraftwerks zum Groß-Kohlekraftwerk verhindern

Die Konzerne EON und MVV setzen offensichtlich andere Prioritäten. Bisher wurde auf hohe ökologische und wirtschaftliche Effizienz der in mehreren Stadtteilen bestehenden Kraftwerke geachtet, die die Stromerzeugung direkt mit der Nah- und Fernwärmeversorgung Kiels verband. Eine Entscheidung über die Modernisierung der Kraftwerke steht 2008 bevor. Hier ist das Interesse der Konzerne der Ausbau des Gemeinschaftskraftwerks Ost zu einem Kohlegroßkraftwerk. Ausgerechnet die „Klimastadt“ Kiel soll dafür herhalten, um auf dem umkämpften Strommarkt Europas mit preisgünstiger Importkohle lukrative Gewinne zu erwirtschaften. Dies dient nicht der Sicherstellung der Stromversorgung der Kieler BürgerInnen und ihrer Betriebe. Um die Zustimmung Kiels zu erreichen, werden die BürgerInnen mit der Drohung erpresst, dass andernfalls die Atomkraftwerke in Brunsbüttel und Brockdorf noch länger betrieben werden müssten, um den Bedarf und die "Spitzenwerte" zu sichern. Das Denken der Konzerne ist offensichtlich darauf ausgerichtet, den hohen Stromverbrauch beizubehalten und auszubauen und zielt nicht auf Minderung des Verbrauchs durch Einsparen und Maßnahmen intelligenterer Energienutzung. Gerade die Klimaentwicklung sagt uns aber, dass andere Wege der Stromerzeugung und Energienutzung beschritten werden müssen. Dazu gehören vorrangig die Reduzierung von Energieverlusten (Wärmedämmung bei Gebäuden und Leitungen), die Steigerung der Effizienz über neue Technik, intelligentere Formen der Bereitstellung (verbrauchernahe Erzeugung um Leitungsverluste zu mindern, spitzenlastbezogene Tarife) wie auch der verstärkte Einsatz schon bewährter Formen alternativer  Energie- gewinnung (Wind, Sonne, Erdwärme, Biomasse). Ein Ausbau, der für unsere Region einen bedeutenden Beitrag für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen leisten würde, sollte hier beginnen und dabei den wirklichen Bedarf an Energie und die Interessen der Region berücksichtigen. Die Konzerne werden daran kein Interesse haben, daher müssen die Stromnetze und das gesamte Versorgungssystem in der Hand unserer Stadt sein!

4 - Kein weiterer Anteilsverkauf bzw. Ausverkauf der Stadtwerke

Es wäre der falsche Weg für die Zukunft der Stadt, wenn die StadtvertreterInnen weitere Anteile der Stadtwerke verkauften und dies dann möglicherweise mit der notwendigen Umstrukturierung der Stadtwerke und den zu erwartenden Kraftwerkskosten begründeten. Weitere Anteilsverkäufe würden den Einfluss des MVV-Konzerns stärken,  die Einflussmöglichkeiten unserer StadtvertreterInnen sowie der Kieler Stadtwerke  und auf die Entscheidungen des Konzerns weiter verschlechtern und die Bedingungen eines Rückkaufs der Stadtwerke erschweren. Die Stadtwerke Kiel wurden von allen Menschen in Kiel und Umgebung finanziert Sie sind Eigentum der Kieler BürgerInnen und müssen es bleiben, auch wenn RatsvertreterInnen dies bei den schon verkauften Anteilen nicht so gesehen haben.

5 - Rückkauf bzw. Rekommunalisierung der Stadtwerke erreichen

Es ist grundlegender Wählerauftrag an jede Stadtverwaltung, die Sicherung der Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Selbstverständlich gehört die Wasserversorgung den Kieler BürgerInnen und darf nicht an Privatkonzerne verkauft werden. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein anerkanntes Menschenrecht, das nicht durch Privatisierungen wegen Geldmangel aufgegeben werden darf. Allein aus diesem Grunde ist der Verkauf der Stadtwerke rückgängig zu machen. Auch die Sicherung der Energieversorgung und die Netzpflege sollte gerade bei knapper werdenden Haushaltsmitteln nicht profitorientierten Konzernen überlassen werden. Eine kostengünstige und umweltfreundliche Energieversorgung sowie die Entsorgung von Müll und Abwasser sind unverzichtbare Voraussetzungen dafür, dass ein Gemeinwesen funktionieren kann. Es gibt inzwischen Kommunen, die erkannt haben, dass durch die Finanzierung über Privatkredite nicht Kosten bei Einrichtungen der Daseinsvorsorge eingespart werden sondern das Gegenteil der Fall ist. Um einen Rückkauf vergebener Anteile kommt die Stadt langfristig nicht herum.

6 - Alternative Energieerzeugung voranbringen

Es ist nicht nur ein Zeichen der Zeit, für eine gesunde und lebenswerte Umwelt Sorge zu tragen, sondern mit Blick auf den Klimawandel bittere Notwendigkeit schnell zu handeln, damit zukünftige Generationen weltweit überleben können. Dazu müssen wir auch in Kiel einen Beitrag leisten und die Auszeichnung „Klimastadt 2006“ nicht nur im Namen tragen. Allein der schon beschlossene Ausbau der Müllverbrennungsanlage hat dieses Wort zur Farce gemacht. Auch hier wären andere Wege denkbar gewesen. In der Energieversorgung hat Kiel in den nächsten Jahren die Möglichkeit, entsprechend der ökologischen Notwendigkeiten energetisch zukunftweisende Lösungen zum Nutzen aller BürgerInnen Kiels anzupacken. Statt nach der größten und nur scheinbar profitabelsten Lösung zu suchen, kann Kiel zukunftsweisend, möglicherweise im Verbund mit anderen Kommunen nach fortschrittlicheren Lösungen suchen. Dazu zählen nicht nur gasbetriebene Blockheizkraftwerke und Biogasanlagen, sondern vor allem die vielseitige Nutzung alternativer Energien (Wind, Sonne, Erdwärme Wasserkraft)). Sie müssen in Kiel  weiter erforscht werden. Bei all diesen verschiedenen Möglichkeiten der Energienutzung ist es sinnvoll, sich auf die bestehenden Kompetenzen unserer Stadtwerke zu stützen.
 

(Erklärung des Bündnis Kielwasser vom 26.2.2007)