Was ist mehr wert: die Reparatur
eines Autos oder die Pflege eines Kranken?
Die Arbeitsstunde in einer Autowerkstatt kostet oft doppelt
so viel, wie für eine Arbeitsstunde eines ambulanten Pflegedienstes
veranschlagt wird. Es wird als „normal“ angesehen, dass soziale Dienstleistungen
billig zu erbringen sind. Dabei zieht sich der Staat immer mehr aus seinen
Aufgaben und Verpflichtungen im sozialen Bereich zurück. Die Arbeit
in Krankenhäusern, Altenheimen, Kinder- und Behinderten-
einrichtungen, Pflegediensten, Reha-Einrichtungen, Beratungsstellen
und Rettungsdiensten erfordert Fachwissen und eine qualifizierte Ausbildung.
Die Verhandlungen über einen „Tarifvertrag Soziale Dienste“ für das Land Schleswig-Holstein wurden wieder aufgenommen. Es wurde aber schnell klar, dass die Arbeitgeber deutliche Absenkungen unter dem Niveau des bestehenden Tarifvertrages „Öffentlicher Dienst“ erreichen wollen. Die Arbeitgeber wollen nicht nur schlechtere, sondern in einigen Bereichen sogar gar keine Tarifverträge. Von einer Angleichung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten ganz zu schweigen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen der Arbeitgeber: Immer weniger Kollegen und Kolleginnen müssen immer mehr Arbeit leisten. Zusätzlich werden immer mehr Mitarbeiter/innen nur noch befristet eingestellt, um so zusätzliche Leistungen einzusparen und Kündigungsfristen zu umgehen. Wo es, wie z. B. in der Hauswirtschaft, der Reinigung, Küche und Verwaltung mit dem Lohndumping und der Arbeitshetze, nicht mehr klappt, werden schon heute Beschäftigte in sog. „Servicegesellschaften“ gedrängt („Outsourcing“), um so die Löhne und Gehälter nochmals massiv zu drücken.
Weil dieses nicht mehr hingenommen werden kann, rief die
Gewerkschaft ver.di unter dem Motto „Soziale Arbeit ist mehr wert“ zu einer
landesweiten Demonstration am 24. März in Kiel auf. Knapp 1.000 Kolleginnen
und Kollegen versammelten sich um 12.00 Uhr auf dem alten Markt vor der
Nikolaikirche und zogen mit vielen Transparenten und einem unüberhörbaren
„Pfeifkonzert“ durch die belebte Kieler Innenstadt. Wir waren war dabei
und führten viele Gespräche mit den Betroffenen. Dabei kam u.
a. heraus, dass eine starke Konkurrenz unter den „Sozialdienstleistern“,
die fortschreitende Privatisierung und der enorme Kostendruck schon lange
im sozialen Bereich Einzug gehalten haben. Die öffentliche Finanzierung
wird immer stärker zurückgefahren, der Staat zieht sich überall
dort aus der Verantwortung, wo ein Bereich nicht kostendeckend betrieben
werden kann. Qualität ist kaum gefragt, es geht immer nur um Kostensenkungen.
Da ist klar, dass für die berechtigten Forderungen der Kolleginnen
und Kollegen kein Platz ist. Eine Kollegin erzählte, wie anstrengend
die körperliche Arbeit im Schichtdienst im Bereich häusliche
Pflege ist. Dass durch die Hetze die psychische Belastung immer mehr steigt,
sodass sie schon einmal einen Pkw-Unfall verursacht hat, den sie obendrein
auch noch aus eigener Tasche begleichen musste. „Normale Arbeitsverhältnisse“,
also eine unbefristete, voll nach Tarifvertrag bezahlte Stelle, werden
zunehmend zur Ausnahme. Dagegen werden zur Regel befristete Arbeitsverhältnisse,
Teilzeitbe-
schäftigungen und Bezahlungen unter Tarif. Hinzu
kommt in letzter Zeit der verstärkte Einsatz von 1-Euro-Kräften.
Dass diese Praxis, wie von den Arbeitgebern behauptet, keine regulären
Arbeitsplätze vernichtet glaubte keiner der befragten Demonstranten.
Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit den Schwachen, Kranken, Behinderten sowie mit den Menschen, die sich um die Betreuung und Pflege kümmern, umgeht! Die derzeitige Entwicklung ist kein „Naturgesetz“! Sie ist politisch gewollt und mit Gesetzen flankiert worden. Soziale Arbeit ist wertvoll und wichtig, sie gehört zu einer menschenwürdigen Gesellschaft! Sie muss nicht nur einfach „gemacht“ werden, sondern qualitativ hochwertig geleistet werden. Dazu gehört auch eine leistungsgerechte Entlohnung auf der Grundlage eines Tarifvertrages der allen Kollegen und Kolleginnen aus dem sozialen Dienst eine feste, unbefristete Anstellung bietet! Der Tarifvertrag, muss für alle Beschäftigten gelten – auch für die Tochtergesellschaften (Servicegesellschaften)! Wir fordern mit den Kollegen und Kolleginnen mehr öffentliche Gelder für die Soziale Arbeit.