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Kieler Ratsversammlung:

Stadtentwässerung Kiel – Privatisierung stoppen!

In der Ausgabe 22/2006 der LinX untersuchten wir die Ursachen und Auswirkungen der geplanten Privatisierung der Stadtentwässerung in Kiel.

Wir veröffentlichten auch einen Brief von Attac-Kiel an alle Umlandgemeinden, in dem sie aufgefordert wurden, sich nicht an den Privatisierungsplänen der Kieler Ratsmehrheit zu beteiligen.

In einer geschäftlichen Mitteilung des grünen Oberbürgermeisteres Peter Todeskino heißt es:

„Die Ratsversammlung hat am 12. Oktober 2006 beschlossen, die „Stadtentwässerung Kiel“ in die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) zu übertragen. Parallel hierzu soll eine Betriebsführungs-GmbH gegründet werden, an der sich ein privater Partner mit bis zu 49% beteiligen soll“.

Damit beschließt die Ratsversammlung die Umsetzung des Gutachtens der Fa. Kienbaum zur Kieler Stadtentwässerung, wodurch die Stadt 10% einsparen könne und die Finanzierung des maroden Kanalsystems einem Privaten übergeben, die angeblich dann der Stadt mit ihrem know how bei der Sanierung helfen kann.

Tatsächlich hat die Stadt jahrzehntelang die Gebühren der BürgerInnen für die Stadtentwässerung in den laufenden Haushalt fließen lassen, statt Rücklagen für die Sanierung zu tätigen.

Jetzt gibt es einen Sanierungsstau von 80-100 Mio. Euro. Private sollen nun helfen.

Das Private das nicht umsonst machen, scheint der Ratsversammlung nicht klar zu sein.

Die BürgerInnen werden also doppel betrogen. Erst bezahlen sie die gesamte Stadtentwässerung (die also daher auch das Eigentum aller BürgerInnen ist). Dann wird ihr Eigentum verkauft und anschließend können die BürgerInnen alles noch mal bezahlen, aber teurer, denn die Dividende für den privaten Betreiber muss auch bezahlt werden. Und drittens zahlen die BürgerInnen in Zukunft noch 19 % Mehrwertsteuer drauf.

Und Herr Conrad Hansen von den Grünen glaubt derweil an das im Kienbaumgutachten beschworene Einsparpotential von 1 Mio. durch eine veränderte Betriebsführung. Und im übrigen habe die grüne Fraktion sehr darauf gedrängt, auch über die 51% Mehrheit darzustellen, dass die Kontrolle in städtischer Hand bleiben soll, so in einer Antwort eines Briefes von Attac-Kiel.

Wir sehen bei den Kieler Stadtwerken zurzeit wie sich das tatsächlich auswirkt. Die Stadt ist vom operativen Geschäft komplett ausgeschlossen und nur die Aktionäre von MVV bestimmen wo es lang geht, nämlich auf die Konzentration aufs Kerngeschäft, d.h. Profite aus dem Gigawatt-Kohlekraftwerk und Energiehandel. Die Servicebereiche werden stillgelegt und die Hälfte des Personals abgebaut.

Nach dem zitierten Beschluss der Ratsversammlung soll die Stadtentwässerungsprivatisierung in zwei Phasen umgesetzt werden:

- Die Umlandgemeinden sollen auf kommunaler Ebene beteiligt werden. Regelmäßige Gespräche sollen mit Bürgermeister Gröller als Sprecher der Umlandgemeinden stattfinden, um sie vom Konzept der Stadt Kiel zu überzeugen.

- Die Beteiligung Privater und der Mindestkaufpreis soll bis März 2007 festgelegt werden.

- Es findet eine EU-Ausschreibung statt um einen Privaten zu beteiligen. In internen Kreisen ist auch schon bekannt, wer sich dort bewirbt:

Die Stadtwerke Kiel (sprich der MVV-Konzern) und REMONDIS (Abfallentsorgungskonzern der privatisierten Müllverbrennungsanlage) haben in Kiel dafür eine gemeinsame GmbH gebildet, um teilzunehmen.

Als weiterer Bewerber wurde der Wasser- und Energiekonzern VEOLIA bekannt, der sich damit rühmt, „die Führungsgesellschaft für Wasser-, Abwasser und Stadtwerke-Projekte in Deutschland“ zu sein. Im Auftrag von 450 Kommunen sei er mit 7.700 Beschäftigten tätig und versorge 4,8 Mio. Einwohner mit „einwandfreien Trinkwasser“ und entsorgt das Abwasser.

Auf der Ratsversammlung im Mai 2007 sollen dann für die Phase 2 die nötigen finanziellen Mittel von mindestens 1,5 Mio. Euro bewilligt werden. Diese Kosten verursacht ein Unternehmensberater für die Installation der zu bildenden Betriebsführungs-GmbH. An anderen Orten betrugen diese Beratungskosten bis zu 3,4 Mio. Euro. Der soll dann z.B. den Zustand des Anlagevermögens und die Schadenstufen, den Aufwand für Sanierung und den Kaufpreis ermitteln, wie auch Verträge mit den Umlandgemeinden verfassen. Dies soll alles bis Ende Juli 2007 geschehen und im August soll dann die Gründung derAöR und der Betriebs-GmbH vorbereitet werden. Im Februar 2008 sollen dann die „relevanten Gremien“ beschließen und umsetzen. So jedenfalls stellen sich die Ratsvertreter von schwarz-grün sich das vor.

Es wird ein recht teurer Spaß, während so getan wird, als hätte es das Wissen über Pflege und Wartung des Abwassersystems im zuständigen Tiefbauamt nie gegeben. Deren 150 Arbeitsplätze seien auch zukünftig garantiert, aber tatsächlich werden sie über kurz oder lang zu Anhängseln eines Wasserkonzerns degradiert. Wie wäre es, wenn das zuständige Amt die „Beratungsgelder“ für interne Fortbildung erhält. Sind sie wirklich nicht in der Lage das städtische Abwassernetz zu pflegen?, Sie konnten es bisher nicht ausreichend, denn die städtischen Gebühren flossen in andere Kanäle!

Noch ist es möglich die Privatisierung zu stoppen, denn nichts läuft ohne die Umlandgemeinden. Wenn sie sich nicht an der Betriebsgesellschaft beteiligen wollen, kann die Ratsversammlung ihren Beschluss gerne dahin tun, wo er hingehört: in den Papierkorb.

Noch können wir klarmachen, das Private es nicht billiger machen, sondern nur teurer und langfristig leidet die Qualität. Mittlerweile gibt es laut ver.di bereits 60 Städte, in denen nach schlechten Erfahrungen die Privatisierung wieder rückgängig gemacht wurde.

• Keine Privatisierung der Kieler Abwasserentsorgung.

• Organisiert den Protest der Umlandgemeinden gegen den Privatisierungswahn.

• Andere Politiker sind möglich! 


(uws) - Quelle: Geschäftliche Mitteilung zur Stadtentwässerung vom 16.2.2007