Nächste Seite
auf & davon

Der Bundestag befasste sich am 26. April in erster Lesung mit Verschärfungen des Ausländer- und Flüchtlingsrechts. Die  Flüchtlings- hilfsorganisation Pro Asyl spricht von einem „umfassenden Verschärfungskatalog.“ Mehr Haft, weniger Rechtsschutz, mehr soziale Ausgrenzung seien zu erwarten. Im Einzelnen:

• Asylsuchende, die in einen anderen EU-Staat überstellt werden sollen, weil dieser für das Verfahren zuständig ist, sollen künftig keine Chance mehr haben, Rechtsmittel gegen ihre Abschiebung im Eilverfahren einzulegen. Sie werden in der Regel in monatelange Zuweisungshaft genommen.

• Die vorgesehene Bleiberechtsregelung enthält weit gefasste Ausschlussgründe. Auch Alte und Behinderte dürfen nur bleiben, wenn sie für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Besonders perfide: Integrierten Kindern von Flüchtlingsfamilien wird ein eigenes Bleiberecht zugesprochen, aber nur, wenn ihre Familien freiwillig ausreisen.

• Bisher können sich unter 23-Jährige einbürgern lassen, ohne für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen zu müssen. Studenten und Auszubildende brauchen also nicht Studium oder Ausbildung  abbrechen, um den deutschen Pass zu bekommen. Diese bescheidene Erleichterung soll wegfallen.

• Auch künftig wird es Kettenduldungen geben, denn der Übergang von der Duldung zur Aufenthaltserlaubnis bliebt so restriktiv geregelt wie bisher. Kaum 20 Prozent der Dauergeduldeten werden von der neuen Regelung profitieren können.

• Statt drei Jahre müssen Asylsuchende künftig vier Jahre mit den „Leistungen für Asylsuchende“ auskommen, die mehr als 30 Prozent unter dem Sozialhilfeniveau liegen.

• Nachziehende Ehegatten müssen Deutschkenntnisse künftig bereits im Herkunftsland erwerben und nachweisen. Nur für privilegierte Staaten wie z.B. die USA, Australien, Kanada oder Japan soll dies nicht gelten. Pro Asyl: „Dies stellt eine massive Diskriminierung dar. Wie sollen Menschen aus ländlichen Regionen ohne Zugang zu Sprachkursen Deutsch lernen?“

• Für die Altersbestimmung bei Minderjährigen sollen künftig „körperliche Eingriffe“ vorgenommen werden dürfen, die einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellen. Diese Maßnahmen sollen bereits bei 14-Jährigen zulässig sein. Die Beweislast für sein Alter soll dem Kind aufgebürdet werden.

Das Ganze wird als eine Anpassung an neue EU-Richtlinien ausgegeben. Doch eigentlich sollten die Richtlinien die Situation der  Menschen, die aus Kriegs- und Bürgerkriegssituationen vor willkürlicher Gewalt fliehen sowie der Kriegsdienstverweigerer verbessern. Eine weitere EU-Richtlinie sieht adäquate Hilfen für besonders bedürftige Personen vor. Auch für Folteropfer und Traumatisierte werden Verbesserung vorgeschrieben. In Schäubles  Gesetzentwurf findet sich davon allerdings nach den Angaben von Pro Asyl nichts.

Durchschnittlich 29 Tage sitzen in Schleswig-Holstein Abschiebehäftlinge im Knast und nur ein Drittel von ihnen kann tatsächlich ins Heimatland abgeschoben werden, berichtet der NDR. Besonders eifrig weise die Kieler Ausländerbehörde Flüchtlinge ins Gefängnis ein. Selbst schwer Traumatisierte und Selbstmordgefährdete landen hierzulande im Knast, wenn sie den Pech haben, den falschen Pass in der Tasche zu haben.

 (wop)