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Gewerkschaftsticker

Die Bürgerbeauftragten im Norden und Nordosten haben sich im vergangenen Jahr überwiegend mit Beschwerden zum Thema Hartz IV beschäftigt. In Schleswig-Holstein waren von insgesamt 3.006 Petitionen 1.022 Hartz-IV-Eingaben, erklärte in Kiel die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten, Birgit Wille-Handels. Damit sei 2006 ein Rekordniveau im Land erreicht. Die Kritik der Bürger  Schleswig- Holsteins betreffe besonders die komplizierten Formulare, sagte Wille-Handels: „Es sind verständliche Fragen zu unverständlichen  Be- scheiden." Dies führe zu Unmut und damit zu Mehraufwand für die Behörden. Ein weiterer Kritikpunkt sei mangelhafte oder fehlende fachliche Beratung. Speziell die Agentur für Arbeit müsse sich dieser Problematik stellen.

Der Handy-Hersteller Motorola will in Flensburg hunderte Arbeitsplätze streichen. Motorola-Deutschland-Chef Gerbershagen sagte, die Fertigung der UMTS-Geräte werde nach Asien verlagert. Damit fallen im Laufe des Jahres in Flensburg mindestens 230 Arbeitsplätze weg. Zudem solle die Sparte Logistik und Transport mit etwa 650 Flensburger Beschäftigten ausgelagert werden. Die vier deutschen Motorola-Standorte Flensburg, Berlin, München und Taunusstein werden den Angaben zufolge weitergeführt. Und der Job-Abbau beim Flensburger Handy-Hersteller geht offenbar weiter. Nach Schätzungen der IG Metall werden auch rund 500 Beschäftigte von Zeitarbeitsfirmen ihre Arbeitsplätze verlieren.

Die Bundeswehr hat Einzelheiten zu dem seit Jahren geplanten Personalabbau bei den zivilen Dienststellen bekannt gegeben. In  Nord- deutschland sollen bis zum Jahr 2010 mehr als 6.700 Stellen wegfallen. Tausende weitere stehen zur Disposition. Aus den Zahlen des Verteidigungsministeriums geht hervor, dass in Schleswig-Holstein mehr als 1.800 Stellen sicher wegfallen sollen. Außerdem stehen hier rund 3.000 weitere Posten auf der Kippe. Vor allem in Kiel werden viele Stellen abgebaut.  374 MitarbeiterInnen müssen sicher gehen. In Kropp sind es 252, in Husum 125 und in Flensburg 116. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums soll nun so schnell wie möglich über die restlichen Posten entschieden werden. In Kiel stehen zum Beispiel weitere knapp 1.300 Stellen zur Debatte.

Mehr Rückrat als der Kieler DGB hatten die GewerkschafterInnen in Greifswald und luden Vertreter von CDU und SPD von der  Mai- Kundgebung aus. Auf die Teilnahme von Politikern, die der Rente mit 67, der Mehrwertsteuererhöhung und der Gesundheitsreform aktiv oder passiv zugestimmt hätten, lege man keinen Wert, erklärte DGB-Sekretär Möller und bestätigte einen Bericht der  Ostsee- Zeitung.

Die fast 90.000 Beschäftigten im schleswig-holsteinischen Einzelhandel sollen nach dem Willen der Gewerkschaft ver.di eine tarifliche Lohnerhöhung von fünf Prozent erhalten. Das Einkommen solle um mindestens 100 Euro steigen, beschloss die Große Tarifkommission nach Angaben aus Kiel. Bei der Vergütung der Auszubildenden fordert ver.di mindestens 50 Euro mehr. Bei den Verhandlungen, die am 31. Mai beginnen, strebt die Gewerkschaft einen Tarif mit einer Laufzeit von zwölf Monaten an. Die Arbeitgeber haben den  Manteltarif- vertrag gekündigt, der unter anderem Wochenarbeitszeit, Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Zuschläge regelt. Diese Kündigung stoße in Betrieben auf Empörung, so ver.di. Die Arbeitgeber hätten vor, angesichts der erweiterten Ladenöffnungszeiten die Zuschläge für Spätöffnung und Nachtarbeit zu streichen.

ver.di fordert eine Übertragung des Tarifergebnisses mit den Ländern auf die BeamtInnen. Auch sie müssten von den bereits im Mai 2006 vereinbarten linearen Einkommenserhöhungen in Höhe von 2,9 Prozent sowie Einmalzahlungen profitieren. „Ich fordere alle Landesregierungen auf, Gesetzentwürfe zur Übertragung des Tarifergebnisses auf Beamtinnen, Beamte und Pensionäre vorzulegen“, sagte ver.di-Chef Bsirske.

Der Reichstag wird von Unternehmen gereinigt, die ihren Beschäftigten weniger als den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Nach  In- formationen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) beschäftigt die Gebäudereinigungsfirma B+K Dienstleistung GmbH MitarbeiterInnen zu 5,50 Euro pro Stunde und darunter. Der gesetzliche Mindestlohn für die Gebäudereinigung beträgt 7,87 Euro.

Neben dem Streit um den Mindestlohn droht der Koalition ein weiterer Konflikt im Bereich Arbeitsmarkt. Hessens Ministerpräsident Roland Koch verlangte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Abbau von Arbeitnehmerrechten beim Kündigungsschutz. „Nur ein deutlich verringerter Kündigungsschutz kann einige hunderttausend zusätzliche Arbeitsplätze schaffen", schrieb der CDU-Politiker in einem Grundsatzartikel. Solange dieser Schritt nicht gegangen worden sei, müsse Zeitarbeit diese „Lücke notdürftig füllen". Wenn Deutschland den Kündigungsschutz in der jetzigen Form beibehielte, würden Beschäftigungsmöglichkeiten bevorzugt in Ländern mit flexibleren Regelungen geschaffen, sagte Koch. Ähnlich äußerte sich sein Kollege Oettinger in der Financial Times.

Während der noch laufenden Urabstimmung über einen Streik bei der Deutschen Telekom beteiligen sich auch Beschäftigte in  Nord- deutschland an Warnstreiks. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lag in der zweiten Maiwoche der Schwerpunkt der Proteste in Schleswig-Holstein, wo mehr als 600 Beschäftigte ihre Arbeit in Flensburg, Heide, Kiel, Elmshorn und Lübeck niederlegten. Auch bei der Telekom in Rostock gingen die Warnstreiks weiter. Hier beteiligten sich rund 200 MitarbeiterInnen an den Protesten gegen die geplante Auslagerung von insgesamt 50.000 Jobs in so genannte Servicegesellschaften. Da auch Monteure zu dem Warnstreik aufgerufen waren, mussten KundInnen mit Verzögerungen bei Terminen rechnen. Nachdem sich in der Abstimmung 96,5 % der KollegInnen für einen Streik ausgesprochen hatten, begannen am 11. Mai 2007 bundesweite Arbeitsniederlegungen. Etwa 11.000 KollegInnen beteiligten sich an der ersten Streikphase, davon rd. 2.800 in Norddeutschland.

Die Gewerkschaften im Norden rufen ihre Mitglieder auf, sich aktiv in der Globalisierungsbewegung zu engagieren und an den  Ver- anstaltungen rund um den G 8-Gipfel im Heiligendamm teilzunehmen. „Als Teil der Globalisierungsbewegung haben die Gewerkschaften mit dafür gesorgt, dass sich die Erkenntnis von der geteilten Welt durchgesetzt hat“, sagte der DGB Nord-Vorsitzende Peter Deutschland und fuhr fort: „Nun kommt es darauf an, die richtigen Antworten zu geben.“  Er verurteile Versuche, schon im Vorfeld des kommenden G 8-Gipfels in Heiligendamm Kritiker der Globalisierung, die friedlich gegen die Missstände auf dieser Welt demonstrierten und die Regierungen und Parlamente zum Handeln aufforderten, zu kriminalisieren und auszugrenzen. Deutschland: „Ohne eine kritische Diskussion ist keine Demokratie möglich. Niemand, der mit friedlichen Mitteln auf die Fehlentwicklungen in dieser Welt hinweist, darf in die Nähe zu Terroristen gerückt werden“, so Deutschland.

hg, csk