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Zahlreiche Ausbildungsplätze fehlen:

Katastrophale Lage

Der DGB hat sich wenige Wochen vor Schuljahresende negativ über die Lehrstellensituation in Schleswig-
Holstein geäußert. Im Mai waren nach Berechnungen des DGB erst 11.700 Ausbildungsplätze gemeldet, und dies bei ca. 15.000 SchulabgängerInnen. Das sind 3,7% weniger Ausbildungsstellen als noch im Mai 2006. Auf 100 Bewerber kommen gerade einmal 80 Berufsausbildungsstellen.  Besonders besorgniser-
regend sei, so der DGB, dass es neben den Schülern, die in diesem Jahr die Schule verließen, eine Bugwelle von Altbewerbern gebe, die ein Jahr und länger erfolglos auf Lehrstellensuche seien. Deren Anteil an der Gesamtbewerberzahl sei in diesem Jahr erneut gestiegen und liege jetzt bei fast 57 Prozent. Das sei, so der DGB, ein Skandal. Es bestehe die reale Gefahr, dass bei allen Jubelmeldungen über die angebliche Verbesserung der Ausbildungssituation gerade diese Jugendlichen „vergessen“ würden. Die damit verbundenen langfristigen sozialen Probleme könne man sich leicht ausdenken. Uwe Polkaehn vom DGB-Nord mahnte Korrekturen auch bei den Einstiegsqualifizierungen für Jugendliche an.

Die Spitzenverbände der Wirtschaft auf Bundesebene hatten sich 2004 verpflichtet, für drei Jahre jeweils 30.000 neue Ausbildungsplätze und 25.000 Plätze für Einstiegsqualifizierungen anzuwerben, um möglichst allen Jugendlichen ein Angebot machen zu können.  Ziel- gruppe waren junge Ausbildungsbewerber mit so genannten  eingeschränkten Vermittlungsperspektiven und Jugendliche, die noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsbefähigung verfügten. Der Bundesrechnungshof habe, so Polkaehn, jetzt festgestellt, dass der größte Teil der Jugendlichen in solchen Maßnahmen mittlere Reife oder sogar Abitur habe. Polkaehn: „So war das aber nicht gedacht. Es dürfen nur die Jugendlichen in den Genuss dieses Programms kommen, die es wirklich nötig haben, und das sind vor allem Jugendliche mit bzw. ohne Hauptschulabschluss. Für die Zukunft wird es auch in Schleswig-Holstein einen erheblichen  Facharbeiter- mangel geben. Im Baubereich gibt es schon heute richtige Abwanderungsbewegungen, wegen schlechter Bezahlung und  Arbeitsbe- dingungen, in Richtung Skandinavien.

In Deutschland fehlen laut Analysen des DGB aktuell 238.000 Ausbildungsplätze. Nur 48 Prozent der Bewerber haben im vergangenen Jahr einen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten. Über 70 Prozent der Unternehmen bildeten überhaupt keinen Nachwuchs mehr aus. Auch die Qualität der betrieblichen Ausbildung habe in den letzten Jahren stark nachgelassen.

ver.di wird in den nächsten Wochen verstärkt gegen die Ausbildungsmisere protestieren. Dabei wird es sowohl um die Anzahl von Ausbildungsplätzen als auch um die Qualität der Ausbildung gehen. "Wir unterstützen die Proteste der Betroffenen ohne Wenn und Aber", betonte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Mehr als 200 Jugend- und Auszubildendenvertreter aus ganz Deutschland hatten sich im Rahmen einer ver.di-Jugend- und Auszubildendenkonferenz zu einer Online-Demonstration für mehr und bessere Ausbildung zusammengeschlossen. "Ich bin für Ausbildungsqualität, denn die Zukunft gehört uns!" lautet das Statement der Teilnehmer auf der Internet-Plattform www.dzgu.net.

(hg, nach Pressemeldungen des DGB-Nord und ver.di)