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"Postkommunisten haben hier nichts zu suchen”

Reaktionen auf die neue Linkspartei

Die bürgerlichen Parteien haben erwartungsgemäß auf die Fusion von Linkspartei.PDS und WASG mit scharfer Kritik reagiert. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) will die neue Partei weiter vom Verfassungsschutz beobachten lassen. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte die SPD auf, sich klar von der neuen Partei abzugrenzen. Diese sei ein Zusammenschluss aus Alt-68ern und ehemaligen SED-Mitgliedern, sagte er "Postkommunisten haben in Deutschland nichts zu suchen." Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) warnte, die Linke dürfe "niemals in politische Verantwortung kommen", weil sie "aus der Geschichte nichts gelernt hat".  CSU-Chef Edmund Stoiber sieht in der neuen Partei Die Linke eine Gefahr für die Parteien der bürgerlichen Mitte. Deren Parteichef Oskar Lafontaine sei „ein außerordentlich gefährlicher Demagoge“, sagte Stoiber in München. „Auch wir müssen diese Herausforderung außerordentlich ernst nehmen.“

In der SPD gingen die Meinungen auseinander. Umweltminister Sigmar Gabriel sprach sich für einen offensiven Umgang der  Sozial- demokraten mit der neuen Linken aus. Deren Chef Oskar Lafontaine dürfe man nicht dämonisieren, sagte Gabriel. Gabriel betonte: "Lafontaine ist der Scheinriese der deutschen Politik. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er." Zu weiteren Koalitionen der SPD mit der Linken auf Länderebene sagte Gabriel, er habe "keine Einwände, wenn nach Wahlen Parteien miteinander verhandeln und überlegen, welche Regierung sie bilden können." Frank-Walter Steinmeier warnte dagegen davor, die Linke zu unterschätzen. Die SPD müsse sie sehr ernst nehmen, sagte der Außenminister. Manche hätten die frühere PDS fälschlicherweise für eine Übergangserscheinung gehalten. Jetzt müsse die SPD den Fehdehandschuh aufnehmen und sich politisch mit der Linkspartei auseinander setzen. Das Programm der Linkspartei wäre für Deutschland der sichere Weg in die Armut, sagte Steinmeier. Struck sprach der Partei das Attribut „links“ ab. Brandenburgs SPD-Generalsekretär Klaus Ness hat die Forderung nach Beobachtung der neuen Linken durch den Verfassungsschutz zurückgewiesen. „Ich halte das für totalen Blödsinn. Mit diesem In-die-Ecke-stellen erreicht man nur Solidarisierungseffekte“, sagte Ness. Auch nach der Fusion mit der WASG sei ein Bündnis auf Landesebene durchaus vorstellbar, so Ness.

Guido Westerwelle wies die Forderung der neuen Linken nach einem Systemwechsel scharf zurück. "Wehret den Anfängen - das darf nicht nur gegenüber Rechtsaußen gelten, sondern das muss auch gegenüber Linksaußen gelten", sagte Westerwelle. Wenn eine rechtsextreme Partei sage, sie wolle das System über-winden, wäre die Empörung in Deutschland zu Recht groß, hob Westerwelle hervor. "Wenn eine linksradikale Partei das sagt, sollte man davor die Augen nicht verschließen." Der Altliberale Burkhard Hirsch kritisierte Westerwelle scharf. „Ich bin nicht der Meinung, dass in der Bundesrepublik ein kommunistischer Umsturz droht. Den Begriff "Freiheit oder Sozialismus” kenne ich noch von Franz Josef Strauß, und wir haben damals schon darüber gelacht. Da haben wir doch ganz andere, konkrete Themen, die uns bewegen: die soziale Frage, der Klimaschutz oder die Bürgerrechtspolitik.“ sagte Hirsch.  Die Antwort Lafontaines war deutlich: „Wir wollen Freiheit durch Sozialismus!“ rief er unter stürmischem Beifall der Delegierten auf dem Vereinigungsparteitag..

Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth warf der neuen Partei Konzeptlosigkeit bei den Themen Klimaschutz und Friedenspolitik vor. Es reiche nicht, zu Bundeswehreinsätzen wie dem in Afghanistan pauschal Nein zu sagen. Ein Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan würde wahrscheinlich zu einem Bürgerkrieg in dem Land führen, sagte Roth.

Deftige Kritik kam auch von der bürgerlichen Presse. Die Süddeutsche Zeitung schrieb auf ihrer Titelseite „Die Stunde des Demagogen.“   Die Süddeutsche bezeichnete Oskar Lafontaine, als skrupellos und warf ihm als „vornehmste Eigenschaft eine totalitäre Ader“ vor. Die FAZ  sieht sogar ein „Fall für das Widerstands-recht im Sinne des Artikels 20 des Grundgesetzes  „ gegen den  „System- wechsel“ zugunsten des Sozialismus“. In der Bild am Sonntag hießen die Überschriften „Wiederaufstieg eines linken Typen“: „So linken Polit-Lumpen“. Damit wird Lafontaine von diesen Zeitungen zum Abschuss freigegeben. Wissen diese „Schreibtischtäter“ eigentlich was sie mit diesen Überschriften anrichten können? Ist der Mordanschlag auf Rudi Dutschke schon vergessen?

Kritik kam auch von links. In der Linken Zeitung war zu lesen: „DIE LINKE schickt sich an, die SPD als kleineres Übel auf den  Wahl- zetteln zu beerben, ohne einen wirklich zukunftsfähigen strategischen oder programmatischen Ansatz aufzuzeigen. Programmatisch verortet sie sich weit gehend da, wo die Sozialdemokratie stand, bevor sie sich weltweit meist in Regierungsverantwortung neoliberalisiert hat. Gerade der aus dem Westen kommende Gewerkschaftsflügel der LINKEN will nicht wahrhaben, dass in einer globalisierten, kapitalistischen Wirtschaft, Keynseanismus und Klassenzusammenarbeit nicht mehr praktikabel sind. Dem Druck der transnational aufgestellten, global operierenden Konzerne sind die Nationalstaaten nicht mehr gewachsen. Diesem transnationalen Klassenkampf von oben ist nur mit transnationalem Klassenkampf von unten zu begegnen.  Stattdessen setzt DIE LINKE strategisch genau wie die Sozialdemokratie auf Parlamentarismus und Regierungsbeteiligung. Diese Kombination von fehlerhafter Analyse,restaurativer Programmatik und überkommener Strategie kann nur da enden, wo die SPD und Teile der Linkspartei.PDS schon heute sind, in sozialliberaler Politik. Die Erwartungen, die Sozialdemokratie in einer neuen Partei wieder aufleben zu lassen, sind anachronistisch und werden perspektivisch scheitern“.

(hg)