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Minister belog Parlament

Spähpanzer schützten Genmais

Am 20. Juni hat sich der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Einsatz der Bundeswehr beim G8-Gipfel in Heiligendamm beschäftigt. Dieser Ausschuss ist das oberste Kontrollorgan der Bundeswehr ­ trotzdem räumte  Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey den Parlamentariern nur 30 Minuten ein. Am Ende blieben viele Fragen offen. Ein ausführlicher schriftlicher Bericht wurde angefordert.Gleichzeitig tagte auch der Innenausschuss. Dort berichtete ebenfalls ein Staatssekretär über den Einsatz der Bundeswehr rund um das Treffen in Heiligendamm. Was als Auf- und Erklärungsrunde durch Staatssekretär Christian Schmidt gedacht war, endete mit neuer und noch schärferer Kritik.

„Es gab weitere Verfassungsbrüche, und das Parlament wurde absichtlich belogen“, erklärte die grüne Innenpolitikerin Silke Stokar und kündigte an, so lange weiter zu bohren, bis die Wahrheit ans Licht komme.Insgesamt sechs mal waren während des G8-Gipfels Kampfjets über dem Gebiet in der Luft. Neben dem Camp in Reddelich wurden noch weitere Protestlager fotografiert. Das  Unter- schreiten der Mindestflughöhe von 150 Metern am 5. Juni bezeichnete das Ministerium im Ausschuss als Fehler. Möglicherweise habe der Pilot, der unter der Kennung "Pirat 2" in nur 119 Meter Flughöhe über das Camp in Reddelich hinweg donnerte, "etwas übereifrig seinen Auftrag erfüllen wollen". Gegen den Piloten läuft bereits ein Vordisziplinarverfahren.

Zusätzlich zu den Tornados waren auch neun Fennek-Spähpanzer im Einsatz. Drei von ihnen waren innerhalb der Sperrzone rund um Heiligendamm im Einsatz, die sechs anderen führten außerhalb des Zauns "Raumaufklärung" durch, erläuterte das Ministerium. Die Panzer werfen neue Fragen um den Einsatz der Bundeswehr auf. So waren zwei der Panzer eingesetzt worden, um eine GenmaisAnlage nahe Heiligendamm zu schützen. Die anderen beobachteten von Autobahnbrücken aus Autos mit anreisenden DemonstrantInnen. Was mit den möglichen Erkenntnissen passierte, konnte das Ministerium im Innenausschuss nicht erklären.

Schwerer als der eigentliche Einsatz der Bundeswehr wiegen die Vorwürfe gegen die Informationspolitik der Regierung. Die Grünen sind überzeugt davon, dass ihre Fraktion bewusst vom Verteidigungsministerium belogen worden ist. So kam im Innenausschuss heraus, dass die offizielle Anfrage auf Amtshilfe bereits im März 2007 gestellt worden ist. Bei einer Fragestunde im Bundestag war "ausschließlich von Transportaufgaben" die Rede. Bewachung von Genmais und Aufklärungsflüge von Tornados kann man nun wirklich nicht als Transportaufgabe gelten. „Das Parlament ist belogen worden und zwar ganz bewusst“ sagte Stokar. Die Vermutung, dass die Regierung den Einsatz nur durchgeführt hat, um Einsätze der Bundeswehr im Inneren zu etablieren, liegt nahe.Für die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hatte der Einsatz der Tornados und Panzer allerdings einen Vorteil. Im Gegensatz zu den angeforderten Polizeikräften aus anderen Bundesländern, die penibel in Rechnung gestellt worden sind, gab es den Einsatz der Bundeswehr zum Nulltarif.

(Thies Wandschneider)