Nächste Seite
Angriff auf die Pressefreiheit

Verfahren gegen Journalisten wegen Geheimnisverrats

Wegen der Veröffentlichung von Auszügen aus den geheimen Akten des BND-Untersuchungsausschusses wurden 17  Ermittlungsverfahren gegen Journalisten eingeleitet. Die Ermittlungen wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat werden von den Staatsanwaltschaften in Berlin, München, Frankfurt und Hamburg geführt. Betroffen sollen vier Redakteure der "Süddeutschen Zeitung" und fünf Redakteure des "Spiegel" mit Chefredakteur Stefan Aust an der Spitze sein. Weitere Ermittlungen sollen gegen Redakteure der "Zeit", der  "Frankfurter Rundschau", des "Tagesspiegel", der "Berliner Zeitung", der "tageszeitung" und der "Welt" laufen. Die Anzeige soll durch den Vorsitzenden des BND- Untersuchungsauschusses Siegfried Kauder (CDU) erfolgt sein. Der Untersuchungsausschuss war "löchrig wie ein Schweizer Käse", sagte Kauder der ARD. "Man konnte über eingestufte Akten in der Presse mehr lesen, als wir im Ausschuss vorliegen hatten."

Scharfe Kritik an den Verfahren kam vom Vorsitzenden des Deutschen Journalistenverbandes Michael Konken. Er nannte die  Er- mittlungen einen "breit angelegten Angriff auf die Pressefreiheit". Verfahren in der Masse habe es bisher nicht gegeben, sagte Konken. Mit den Ermittlungen sollten Journalisten und Informanten offensichtlich eingeschüchtert werden.

Scharfe Kritik kam auch von der Opposition. Gegen die Ermittlungsverfahren haben sich die Partei Die Linke und die Grünen  ausge- sprochen. Hans-Christian Ströbele erklärte, er habe gegen die Verfahren gestimmt, "weil ich schon befürchtet hatte, dass sich ein solches Verfahren wieder einmal gegen Journalisten richtet". Max Stadler, FDP-Obmann im Ausschuss, zeigt sich empört. Er habe den  Ermittlungen nur unter dem Vorbehalt zugestimmt hatte, dass nicht gegen Journalisten vorgegangen werde, sagte er gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio.

Stadler erhob schwere Vorwürfe gegen die SPD: "Im BND-Untersuchungsausschuss sind ganz gezielt vor allem von der SPD-Fraktion Interna an die Öffentlichkeit gegeben worden mit dem Ziel, das Verhalten des damaligen Kanzleramtsminister Steinmeier in einem besseren Licht erscheinen zu lassen." Werner Leitner, Rechtsanwalt der "Süddeutschen Zeitung", nannte das Vorgehen der Staatsanwälte "wenig sensibel und dreist", weil es den Grundsätzen des Cicero-Urteils des und des Verfassungsgerichts widerspreche. Nach dem Urteil reicht eine bloße Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Journalisten nicht mehr aus, um den Verdacht einer Beihilfe zum Geheimnisverrat zu begründen. Auch Konken erklärte, angesichts des Cicero-Urteils hätten die Ermittlungen nicht aufgenommen, beziehungsweise eingestellt werden müssen.
 

hg, (nach Informationen der ARD)