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Falsch gesammelt: Was lief schief beim Bürgerbegehren?

Lübeck – Datum vergessen, doppelt unterschrieben: Wie es passieren konnte, dass mehr als 7.000 Unterschriften gegen den Verkauf der Müllabfuhr ungültig sind, bleibt ein Rätsel.

Als die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den Teilverkauf der Müllabfuhr am 10. August ihre Unterschriftensammlung im Rathaus abgaben, waren sie noch guter Dinge. "Ein guter Tag für die Demokratie", schwärmte DGB-Regionsvorsitzender Uwe Polkaehn  ange- sichts der 18.153 Unterschriften der Lübecker. Vier Wochen später ist die Euphorie verflogen. Das Kieler Innenministerium hat das Begehren als unzulässig eingestuft. Eine Begründung: 7.466 Unterschriften sind ungültig. "Das ist deprimierend", sagt Gunhild Duske, Ex-Senatorin und eine der Initiatorinnen des Begehrens.

Was ist da schief gegangen? Die Stadt, deren Ämter die Listen mit den Unterschriften geprüft hat, hält sich mit Auskünften zurück. "Wir leisten lediglich Amtshilfe für das Innenministerium", sagt Bürgermeister Bernd Saxe (SPD). Erfahrungsgemäß könne ein erheblicher Prozentsatz der Namenszüge nicht gewertet werden. Zehn bis 15 Prozent Ausschuss – das ist die Erfahrung aus den bisherigen  Bürgerbegehren. Beim Verfahren, das den Anteilsverkauf der Abfallsparte der Entsorgungsbetriebe (EBL) verhindern soll, fallen dagegen 41 Prozent der Voten durchs Raster.

Das federführende Innenministerium will die Versagungsgründe im Einzelnen noch nicht benennen, da das Verfahren noch laufe. Die Regeln seien aber eindeutig. Die unterzeichnenden Bürger müssen wahlberechtigt sein. Die Antragslisten sind von den Bürgern persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen. Neben der Unterschrift müssen Familienname, Vorname, Tag der Geburt, Wohnort und  Postleitzahl, Straße und Hausnummer sowie Datum der Unterzeichnung abgegeben werden. "Zu ungültigen Unterschriften kommt es, weil Personen manchmal unterschreiben, aber eigentlich anonym bleiben wollen. Deshalb machen sie die erforderlichen Angaben nur teilweise oder beispielsweise mit falschem Geburtsdatum", weiß Thomas Giebeler, Sprecher des Innenministeriums.

Nach Recherchen der Initiatoren hat wohl vor allem das Datum der Unterschrift massenhaft gefehlt. Etliche Bürger sollen doppelt unterschrieben haben. Andere Unterzeichner kommen aus den Umlandgemeinden. "Wir haben das wohl falsch eingeschätzt", räumt Berith Jordan, Gewerkschaftssekretärin von ver.di, ein. Problem: Etliche Listen lagen in Geschäften aus, die Sammler waren also gar nicht zugegen, als Bürger ihre Unterschriften leisteten.

Gestorben ist das Begehren damit aber noch nicht. Den Initiatoren wurde Gelegenheit eingeräumt, bis Monatsende dazu Stellung zu nehmen. "Formalrechtlich befindet sich die Angelegenheit in einem Anhörungsverfahren", erklärt Thomas Giebeler, Sprecher des Ministeriums. Am 24. September sprechen die Initiatoren im Ministerium vor. Dabei soll geklärt werden, ob die Unterschriften ohne Datum nicht doch gewertet werden können. Außerdem wollen die Initiatoren, zu denen neben dem DGB und Ver.di auch die SPD und Organisationen wie Attac zählen, klären, ob weitere Unterschriften gesammelt werden können.

Gunhild Duske von Attac: "Resignation gibt es nicht." Umweltsenator Thorsten Geißler (CDU), der die Privatisierung der  EBL-Abfallsparte vorbereitet, macht den Initiatoren dagegen wenig Hoffnung. "Die Differenz zwischen den gültigen und den erforderlichen  Unterschriften ist so groß, dass das Begehren wohl wenig Aussicht auf Erfolg hat."
 

(aus den Lübecker Nachrichten, von Kai Dordowsky)