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Arbeitslosengeld II:
Arbeitslose müssen Widerspruch einlegen

Beim Bundesverfassungsgericht in Karlruhe ist eine von der IG Metall unterstützte Klage eingegangen, mit deren Hilfe die Höhe des Regelsatzes für Alg II-Bezieher von 345 Euro überprüft werden soll (Aktenzeichen 1 BvR 1840/07). Nach Meinung der Gewerkschaften ist der Alg II-Satz zu niedrig bemessen, um Langzeitarbeitslosen ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Trotz Wirtschaftsboom und Rekordgewinnen steigt die Zahl der Menschen, die auf Hartz IV angewiesenen sind weiterhin an. Nach den letzten revidierten Daten erreichte sie mit gut 7,4 Millionen Menschen einen neuen Höchststand. Jede/r neunte Bürger/Bürgerin dieses Landes ist auf Hartz IV angewiesen.

Zahlreiche Gerichte haben sich unterdessen mit der Frage beschäftigt, ob mit dem ALG II Regelsatz überhaupt ein menschenwürdiges Dasein möglich ist. Nun muss sich (endlich) auch das Bundesver-
fassungsgericht dieser Frage annehmen. Mit der Verfassungsklage soll außerdem überprüft werden, ob die pauschale Berücksichtigung einzelner Leistungen im Alg II-Satz mit dem individuellen Rechtsanspruch auf Sicherung des Existenzminimums vereinbar ist.

Welche Auswirkungen hätte eine positive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts?

Wenn die Karlsruher Richter den Alg II-Regelsatz für verfassungswidrig erklären, muss der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts treffen. Diese gilt dann für die Zukunft. Gleichzeitig kann das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil auch feststellen, dass Arbeitslose einen Anspruch auf Nachzahlung des zu niedrig bemessenen Arbeitslosengelds II haben. In der Regel profitieren von einer entsprechenden Nachzahlungspflicht aber nur Arbeitslose, die rechtzeitig Widerspruch gegen ihren Alg II-Bescheid eingelegt haben.

Was muss ich tun, um mein Recht auf Nachzahlung von Alg II-Leistungen zu wahren?

Arbeitslose, die ihren Rechtsanspruch auf eine Nachzahlung von Alg II-Leistungen wahren wollen, müssen Widerspruch gegen ihren Alg II-Bescheid einlegen. Bei einem neuen Bescheid für einen weiteren Bewilligungszeitraum muss erneut Widerspruch eingelegt werden. In einer Bedarfgemeinschaft – zum Beispiel in einer Familie – mit mehreren Personen, muss jedes Mitglied gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Das gilt auch für minderjährige Kinder. Um das Verfahren zu vereinfachen, kann ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft für alle anderen den Widerspruch erheben. Voraussetzung ist eine entsprechende Vollmacht. Erziehungsberechtigte können ihre minderjährigen Kinder mitvertreten.

Für alle, die ihren Rechtsanspruch auf eine mögliche Nachzahlung bis zur Entscheidung in Karlsruhe wahren wollen, haben die Gewerkschaften einen Musterbrief vorbereitet.

csk

An:
___________________
ARGE/Job-center
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___________________
Straße
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PLZ, Ort
___________________
___________________
Name, Vorname
(aller Personen der Bedarfsgemeinschaft)
___________________
Straße
____________________
PLZ, Ort
Bescheid(e) vom………………………… Kundennummer……………………………..
Hiermit lege/n ich/ wir
W i d e r s p r u c h
gegen den Bescheid vom .............................................ein.
Begründung:
Der Widerspruch richtet sich allein gegen die Höhe der Regelleistung zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach § 19, § 20 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II.
Der Regelsatz verstößt gegen das Sozialstaatsgebot. Eine Verfassungsbeschwerde
ist unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1840/07 beim Bundesverfassungsgericht
anhängig. Bis zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht bin ich mit
dem Ruhen des Verfahrens einverstanden.
Der Widerspruch wird ausdrücklich für und im Namen aller Mitglieder der
Bedarfgemeinschaft erhoben.
...................................................................................................................................
Ort/ Datum/ Unterschrift/en
(Unterschriften aller erwachsenen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sowie der Erziehungsberechtigen für die minderjährigen
Kinder)