Ab Januar 2008 können Hunderttausende ältere KollegInnen gegen ihren Willen und mit großen Abzügen vorzeitig in die Rente geschickt werden.
Am Wochenende haben die sozialdemokratischen Sozialräuber
ihren Parteitag beendet. SPD-Chef Kurt Beck hat seine Partei in Hamburg
auf die kommenden Wahlkämpfe eingeschworen. Auf dem Parteitag rief
er die Sozialdemokraten zu mehr Selbstbewusstsein auf und attackierte die
Union als marktradikal. Im Streit um Änderungen an der „Agenda 2010”
bekannte sich Beck zu den Reformen, forderte aber ein Nach-
justieren. "Vorsichtig und ohne rückwärts zu
gehen, müssen wir die Bereitschaft haben, da nachzutarieren", sagte
Beck. Das betreffe die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, die Anpassung
der Hartz-IV-Sätze an Preissteigerungen und die Intensivierung der
Vermittlungsarbeit. Das System des Förderns und Forderns müsse
in Balance gehalten werden. Beck würdigte den dreitägigen Kongress,
auf dem die Delegierten ein neues Grundsatzprogramm verabschiedeten, als
einen "historischen" Parteitag. Die sozialdemokratischen Grundwerte Solidarität,
Gerechtigkeit und Freiheit seien so aktuell wie nie. Als große politische
Heraus-
forderungen nannte Beck die Gestaltung der alternden
Gesellschaft sowie den Kampf gegen den Klima-
wandel und Umweltproblemen.
Wie die Gestaltung der alternden Gesellschaft in der Praxis aussieht, zeigt sich an der Zwangsverrentung älterer KollegInnen.
Die Bundesregierung hat in diesem Jahr die Rente mit 67 verabschiedet. Da angeblich auch die älteren KollegInnen noch gebraucht werden, sollen sie länger arbeiten. Deshalb ist Sozialräuber Franz Müntefering stolz darauf, dass er Arbeitsplätze für altere KollegInnen geschaffen hat. "Diese Gesellschaft ist verrückt! Wenn wir diese Altersklasse zwischen 50, 55 und 65 nach Hause schicken nach dem Motto, altes Eisen, wir können euch nicht mehr gebrauchen. Völlig falsch!" sagte Müntefering. Dank hoher Staatszuschüsse aus dem Programm 50 plus haben einige KollegInnen eine Anstellung gefunden. Außerdem hat die relativ gute Konjunktur dazu beigetragen, dass weniger ältere Kolleginnen ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Im Rahmen der Agenda 2010 wurde die so genannte 58er Regelung
beschlossen, die zum 01.01.2008 ausläuft. Danach durften sich ältere
Kolleginnen freiwillig bei der Arbeitsagentur abmelden und bekamen weiterhin
Arbeitslosengeld II. Mit 65 konnten sie dann ohne Abzüge in die Rente
gehen. Jetzt, da diese Regelung ausläuft, gilt die Agenda 2010 in
voller Härte: Ältere Arbeitslose können gezwungen werden,
vorzeitig in Rente zu gehen und das mit Abschlägen bis zu 18 Prozent.
Weil die Bundesregierung die alte Regelung auslaufen lässt, wird die
Arbeitsagentur so handeln müssen. Im Sozialgesetzbuch steht: Arbeitslosengeld
II bekommt nur, wer kein anderes Vermögen hat. Der Anspruch
auf Rentenzahlung gilt als eigenes Vermögen, das bestätigte die
Bundesagentur für Arbeit. Aus der Drucksache 16/5461 geht auch
hervor, dass „Zwangsverrentete“ aus der Arbeitsförderung heraus fallen.
Franz Müntefering kennt das Thema genau, da er mehrere Anträge
aus der Opposition die neue Gesetzeslage zu entschärfen, abgelehnt
hat. Noch vor zwei Wochen bestätigte der Arbeits- und Sozialausschuss
die Regelung zur Zwangsver-
rentung, ganz im Sinne von Franz Müntefering.
Ottmar Schreiner, SPD- Bundestagsfraktion: "Sie steht in völligem Widerspruch zu der Argumentation der Bundesregierung, die ja sagt aus demografischen Gründen, aus anderen Gründen brauchen wir die Älteren auch als Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt. Die Zwangsverrentung ist das glatte Gegenteil dessen, was die Bundesregierung ansonsten für richtig hält." Sehen so die sozialdemokratischen Grundwerte Solidarität und Gerechtigkeit aus?