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Ratsversammlung Kiel:
Haushalt 2008 beschlossen

Eines der wichtigsten jährlichen Ereignisse im Kieler Rathaus ging letzte Woche über die Bühne: Die Haushaltsberatung für das Jahr 2008, aber die Erwartungen der Kieler Bevölkerung scheinen auf dem Nullpunkt angekommen zu sein: Die Zuschauertribünen blieben während der zweitägigen Beratung so gut wie leer.

Unsere Abgeordneten – mit CDU und den GRÜNEN auf der einen Seite und SPD und FDP auf der anderen – vertrieben sich mit endlosen gegenseitigen Anklagen und jeder Menge Eigenlob die Zeit und hatten ein Vergnügen daran, bei ihrer Meinung nach gelungenen Redebeiträgen der jeweils eigenen Seite donnernd auf die Tische zu schlagen.

Die interessierte Bürgerin/der interessierte Bürger dieser Stadt ist nun nach der Veranstaltung genau so schlau wie vorher, d. h. was die Zukunft eigener Ansprüche an die Kommunalpolitik betrifft, genau so uninformiert. Da helfen auch die Kieler Nachrichten nur wenig weiter, indem sie als Ergebnis dieser zweitägigen Ratsversammlung folgende Eckdaten vorstellten:
 
 
Verwaltungshaushalt

Einnahmen:   546,6 Mio. Euro
Ausgaben:     590,1 Mio. Euro
Fehlbetrag:      43,5 Mio. Euro (davon strukturell: 31,5 Mio. Euro)
Kreditbedarf: (Vermögenshaushalt)   38,8 Mio. Euro
Nettoneuverschuldung:     19,9 Mio. Euro
Schulden:     361,7 Mio. Euro

Die größten Ausgabeposten aus dem Vermögenshaushalt 2008 (in Millionen Euro):

Stadtentwässerung:  13,7

Bau Gablenzbrücke:  6,7

Sanierungsprogramm Schulen:  4,8

Programm

„Soziale Stadt“:  3,2

Marinequartier Wik:  1,7

Science Center:  1,6

Ausbau Eckernförder Straße:  1,4

Sanierung Ostring:  0,8

Ausbau Olshausenstraße:  0,6

Fahrzeuge Feuerwehr:  0,6

Computereinrichtungen für die Kieler Schulen:  0,5

Die größten Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr:

• 2,3 Millionen Euro weniger  Einnahmen bei Sozialhilfe-Erstattungsbeträgen

• 1,67 Millionen Euro mehr Einnahmen im Rettungsdienst

• 1,95 Millionen Euro Personalmehrausgaben bei Kitas

• 1,3 Millionen Euro mehr Ausgaben für Betrieb von Kitas (freie Träger)

• 550.900 Euro Mehrausgaben für Beschäftigung in der Tagespflege

Trotz des Schlagabtauschs zwischen der Regierungskoordination aus CDU und Bündnis 90/Die GRÜNEN und der Opposition aus SPD und zwei FDP-Abgeordneten, und obwohl die schwarz-grüne Mehrheit alle Anträge der Gegenseite niederstimmte, scheint im Wesent- lichen politische Harmonie in diesem Rathaus zu herrschen, denn die neoliberalen Grundlagen der derzeitigen Stadtpolitik werden von keiner der vier Parteien in Frage gestellt. Insofern könnten Ratsversammlungen nach den Kommunalwahlen im Mai wieder spannender werden, falls DIE LINKE den Sprung ins Kieler Rathaus schafft.

Zur Zeit gibt es keinen Zweifel dort: Der Investor ist die Lichtgestalt, auf den alle unsere Abgeordneten setzen. Investoren sollen die Stadt vor jener Entmündigung bewahren, die jetzt die Stadt Lübeck heimgesucht hat, wo die Kommunale Aufsichtsbehörde angesichts eines 150-Millionen-Euro-Defizits dem Innenminister des Landes das Zepter übergeben hat (siehe KN vom 15.12.2007, Seite 2). Und Investoren sind es, denen wir Kieler es zu verdanken haben, dass in dieser Stadt an allen Ecken und Enden gebaggert und gebaut wird, sagt die Oberbürgermeisterin, weil: „Das schafft Arbeitsplätze!“. Investoren brachten und bringen den Aufschwung nach Kiel und der Fehler der SPD soll es gewesen sein, dass sie als Regierungs-
partei diesen Rettern unserer Wirtschaft noch viel zu viele Steine in den Weg legte. Denn Investoren sind sehr sensibel.

Bekanntlich ist das Kapital ein scheues Reh, das abhaut, wenn es in der Öffentlichkeit zu unruhig wird. Daher werden seine Ansprüche an die Stadt im Rathaus auch nur in nicht –öffentlichen Sitzungen behandelt und in der öffentlichen Abstimmung dann rasch   durchge- winkt – einstimmig! Die Bevölkerung, um deren Belange es bei den Privatisierungen bisher öffentlichen Eigentums geht, bleibt über die Verpflichtungen, die  die Stadt dem Investor gegenüber eingegangen ist, uninformiert.

Wir dürfen also auf den Einzug der Partei DIE LINKE ins Rathaus gespannt sein, denn in ihrem sehr umfangreichen Wahlprogramm, das Mitte Januar verabschiedet wird, heißt es unter anderem: „Die Voraussetzung für mehr BürgerInnenbeteiligung ist ein ‚gläsernes Rathaus’, also die Schaffung von Transparenz. Beteiligung kann nur dann sinnvoll möglich sein, wenn Bürgerinnen und Bürger über die nötigen Sachinformationen verfügen und Entscheidungsstrukturen transparent sind.“.

Das ist ganz im Sinne der sich auch in Kiel und im Umland formierenden außerparlamentarischen Opposition gegen die Zerschlagung der Stadtwerke, die bevorstehende Privatisierung der Abwasserentsorgung und das Großprojekt Kohlekraftwerk an der Kieler Förde. Aus diesen Bündnissen heraus wird gefordert, dass die Stadt alle  Verträge mit der Privatwirtschaft offen legt, die die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen.

 (Eva D.)