Dinosaurier-Technik
Der am Dietrichsdorfer Strand geplante Bau eines neuen Kohlekraftwerk bleibt weiter umstritten. Wie berichtet hat die Bürgerinitiative für eine umweltfreundliche Energieversorgung in der Region Kiel für den 2. Februar, dem Erscheinungstag dieser Ausgabe, zu einer Demonstration im Dietrichsdorf aufgerufen. Gefordert wird nebem dem Stopp der Planungen, die sofortige Veröffentlichungen der Gutachten, die dem Runden Tisch aus Stadtwerken, MVV und Stadt am 4. Februar vorgelegt werden. Die BI fordert die Einberufung von Einwohnerversammlungen, um dort die Gutachten zu diskutieren. Am 4. Februar soll es ab 11 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz Aktionen geben, um diese Forderung zu unterstreichen.
Das alte Gemeinschaftskraftwerk in Dietrichsdorf, neben
dem das neue entstehen soll, befindet sich im gemeinschaftlichen Besitz
von E.on und den Stadtwerken, bei denen wiederum MVV das Sagen hat. Das
alte Werk hat eine elektrische Leistung von 300 MW, das neue soll 800 MW
haben, wird daher auch deutlich größer ausfallen und mehr emittieren.
Bei Volllastbetrieb ist mit fünf Millionen Tonnen Kohlen-
dioxid im Jahr zu rechnen. Das Gas ist der Hauptverantwortliche
für den Klimawandel, und die Summe entspricht immerhin der Hälfte
dessen, was ein Land wie Kenia mit seinen 34 Millionen Einwohnern in einem
Jahr an diesem Treibhausgas emitiert.
Hinzu kommen noch andere Schadstoffe, die im Gegensatz zu Kohlendioxid direkt oder indirekt giftig wirken: Je 3000 Tonnen Stick- oxide und Schwefeldioxid pro Jahr, 300 Tonnen Feinstäube, 2,4 Tonnen Blei, 0,4 Tonnen Arsen und je etwa eine halbe Tonne Queck- silber und Cadmium. (Die Zahlen wurden unter der Annahme berechnet, die Anlage schöpft die gesetzlichen Grenzwerte aus und läuft 7500 Stunden im Jahr.) So sieht moderne Technologie á la E.on und MVV aus, von der der Kieler Wirtschaftsminister Austermann gar nicht genug bekommen kann.
Aber das Kieler Kraftwerk ist nur eines von vielen, nirgendwo
sonst in der EU sollen so viele Kohlekraft-
werke gebaut werden, wie in Deutschland. Mindestens 24
sind geplant. Davon zwei weitere in Schleswig-
Holstein, und zwar in Brunsbüttel. Auch Hamburg
und Stade sollen neue Kohlekraftwerke bekommen und im Lubmin in der Nähe
von Greifswald sollen zwei Kraftwerksblöcke, jeder davon so groß
wie der Kieler, direkt an den Strand in die Mitte eine der beliebtesten
Ferienregionen gesetzt werden. Entsprechend gehen die Menschen dort, wie
auch in Kiel und an vielen anderen Standorten auf die Barrikaden. In Bremen,
Ensdorf, Quierschied (beide Saarland), Köln und Krefeld wurden bereits
Kraftwerkspläne verhindert.