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Teilverkauf des Lübecker Hafens:
ver.di will klagen

Ver.di will gegen die Teilprivatisierung des Lübecker Hafens gerichtlich vorgehen. Damit reagiert die Gewerkschaft auf den Beschluss der Bürgerschaft in der Hansestadt, 25,1 Prozent der Hafen-Gesellschaft LHG an ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank zu veräußern. ver.di wolle den Teilverkauf nicht mittragen, weil für die Hafenarbeiter keine langfristige Arbeitsplatzgarantie vereinbart werden konnte. Mehrere Gespräche dazu mit der Hansestadt und der Hafengesellschaft waren gescheitert. Stadt und LHG hatten zuletzt eine Garantie bis 2018 bei gleichzeitiger Flexibilisierung der Arbeitszeit angeboten, ver.di fordert jedoch eine Jobsicherung bis 2025.

Kurz vor Beginn der Bürgerschaftssitzung enterten 80 Hafenarbeiter den Plenarsaal, zu dem nur Politiker, Verwaltung und Medien Zutritt haben. Die aufgebrachten Arbeiter forderten das Rederecht für ihren Gewerkschaftssekretär Andreas Bergemann. Als Stadt-  präsident Peter Sünnenwold (CDU) dem ver.di-Funktionär das Mikrofon verweigerte, erntete er Gebrüll und ein  Trillerpfeifenkonzert.

Bergemann hielt seine Rede ohne Mikrofon und warf der CDU-Mehrheit im Rathaus Arroganz und Überheblichkeit vor. „Über neun Monate haben wir mit Bürgermeister Bernd Saxe und Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel über eine Arbeitnehmer-Sicherung verhandelt", rief Bergemann, „am letzten Freitag haben wir erfahren, dass das ganze Verfahren eine durchgängige Verarschung war."

Stadtpräsident Sünnenwold forderte daraufhin die Arbeiter auf, den Saal zu verlassen - er drohte mit dem Einsatz der Polizei. Die Beamten versuchten, die Gemüter zu beruhigen. Die CDU-Fraktion verließ durch einen zweiten Ausgang den Saal. Daraufhin forderte Bergemann den Bürgermeister auf, den Verkauf von 25,1 Prozent der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) zu stoppen, bis eine Arbeitnehmersicherung vereinbart sei. An die Politiker appellierte der Gewerkschafter, sich ihre Abstimmung gut zu überlegen, sonst würden andere Saiten aufgezogen. Um 16.15 Uhr verließen die Hafenarbeiter den Saal. Einige riefen: „Nie wieder Saxe."

Wortbruch der CDU

Um 14.30 Uhr hatte die Demonstration der Hafenarbeiter begonnen. Von der Musik- und Kongresshalle aus marschierten sie am Holstentor vorbei Richtung Rathaus. Per Megaphon informierten sie die Passanten über ihr Anliegen: „Wir fordern die zugesicherte Beschäftigungssicherung vor dem Bürgerschaftsbeschluss der Teilprivatisierung des Hafens." Mit Trillerpfeifen, Plakaten und Fahnen zogen sie die Aufmerksamkeit auf sich. Einige der etwa 500 Demonstranten zündeten Knaller. „Die CDU-Mehrheit wird wortbrüchig", erklärte ver.di-Sprecher Bergemann. Den Arbeitnehmern sei eine Beschäftigungssicherung zugesagt worden, bevor die LHG-Anteile verkauft würden. „Wir fühlen uns von den Politikern im Stich gelassen", sagte ein Hafenarbeiter.

Ungeachtet der Proteste beschloss die Bürgerschaft mehrheitlich den Verkauf von 25,1 Prozent der LHG an den Londoner  Finanz- investor Rreef. SPD und Grüne hatten zuvor den Saal verlassen. SPD-Fraktionschef Peter Reinhardt sprach von einem „Betrug an den Arbeitnehmern". Man müsse sich darüber unterhalten, ob die Beschäftigten wieder Dienst nach Vorschrift machen sollten. Die Wut der Genossen richtet sich auch gegen ihren eigenen Bürgermeister. Sven Schindler: „Es gibt in der SPD erheblichen Unmut über Saxe."
Ebenfalls mit den Stimmen der CDU-Mehrheitsfraktion beschloss die Lübecker Bürgerschaft, die Abfallwirtschaft und die  Straßen- reinigung in der Hansestadt an einen privaten Investor zu verkaufen. Beide Sparten der Lübecker Entsorgungsbetriebe sollen nun in eine neue Abfallgesellschaft überführt werden.

 (csk)