Nächste Seite
Kommentar:
Kohlendioxid unter die Erde?

Landeswirtschaftsminister Dietrich Austermann ist nicht nur ein Fan pannenanfälliger Atommeiler, die er trotz ihrer offensichtlichen Altersschwäche gerne weiterlaufen lassen würde, er ist auch ein großer Freund der „sauberen Kohle“. Jetzt hat er gemeinsam mit seinem Kollegen aus dem Umweltressort und dem Unternehmen RWE Dea den Startschuss für die Erkundung von Lagerstätten für Kohlendioxid gegeben. Wir wissen zwar noch nicht, ob diese Technologie des Abscheidens des Treibhausgas aus den Abgasen bzw. in einer Vorstufe aus dem Kraftwerksbrennstoff je funktionieren wird, aber wir verpulvern schon mal ein paar etliche Millionen. In Nordfriesland, Ostholstein und unter dem Boden der Nordsee soll nach geeigneten Gesteinsformationen gesucht werden. 30 Millionen Euro soll das Erkundungsverfahren kosten, schreiben die „Lübecker Nachrichten“, 60 Millionen Euro, meint RWE, würde die Einrichtung einer Lagerstätte kosten. Hinzukommen Betriebskosten von vier Millionen Euro jährlich. Damit würden, sagt RWE 20 Arbeitsplätze geschaffen. Wir sind sehr beeindruckt. Bemerkenswert auch die Begründung, die Austermann per Pressemitteilung der RWE verbreiten lässt: „Denn Kohlendioxid unter der Erde ist besser als Kohlendioxid über der Erde ...“  Haben wir solche Politiker, die uns so offensichtlich für dumm verkaufen wollen, wirklich verdient?

Halten wir fest: (1) Nach Angaben aller großen Konzerne, die diese Technik entwickeln wollen, wird diese frühestens 2020 serienreif sein. (2) Sie wird den Wirkungsgrad der Kraftwerke um mindestens zehn Prozent vermindern. (3) Es gibt bisher so gut wie keine Erfahrungen damit, was die großen Mengen Kohlendioxid im Boden – die Rede ist von einer Tiefe von 2500 Meter – anrichten werden. Mit Sicherheit werden sie die dortige Chemie verändern und giftige Substanzen mobilisieren. Können CO2 und dieser Giftcocktail tatsächlich für viele Jahrtausende von Grundwasserschichten und der Oberfläche fern gehalten werden? (4) Die Abscheidung wird nicht 100prozentig sein. Netto werden vermutlich nur 80 Prozent der Emissionen vermieden. (5) Die ganze Geschichte wird mit Sicherheit enorm teuer; zudem steigt der Kohlepreis rasant. Jeder, der etwas von billigem Kohle- und teurem Ökostrom erzählen will, ist ein Lügner.

(wop)