Auf der Ratsversammlung am 17.4.2008 wurde einstimmig
beschlossen, mit dem derzeitigen 49% privaten Anteilseigner NBB Verhandlungen
über einen vollständigen Rückkauf der KVG (Kieler Verkehrsgesell-
schaft) zu führen. Hintergrund seien Auflagen des
Kartellamtes, wonach bis Ende 2008 die Ausschreibung der Anteile von 50%
bis 1.1.2011 und die restlichen 50% bis 1.1.2013 stattfinden muss. Dies
müsse aber nicht sein, wenn es wieder ein zu 100% eigenes städtisches
Verkehrsunternehmen ist.
Zur NBB (Norddeutsche Bus-Beteiligungsgesellschaft) die seit 2003 49% der Anteile der KVG hält, gehören u.a. die HHB (Hamburger Hochbahn), die Pinneberger Versorgungsgesellschaft, der HVV (Hamburger Verkehrsverbund) und die Vineta Verkehrsgesellschaft (Taxi-Kiel). Sie bezahlten für die Anteile an die Stadt Kiel derzeit schlappe 12.500 Euro (kein Tippfehler!).
Nun will die Stadt Kiel zurückkaufen, worüber die HHB wohl nicht besonders begeistert sind. Auf der Veranstaltung von ver.di zur Rekommunalisierung am 11.3.2008 wurde von den Kollegen der KVG zum ersten Mal auf dieses Problem öffentlich hingewiesen und den anwesenden Parteien eine schnelle Entscheidung für die Rekommunalisierung empfohlen. Begründet wurde dies auch damit, dass die KVG mittlerweile ein profitabler Betrieb geworden sei, der mit 90% Kostendeckung arbeiten würde und es würde nicht viel fehlen, bis er sich selbst trägt.
Nach der Privatisierung wurden die Löhne und Arbeitsbedingungen
der Busfahrer ständig verschlechtert, so dass es mittlerweile 3 verschiedene
Lohntarife für die gleiche Arbeit gibt und diese schwanken von 1979,-
Euro bis 1100,- Euro (Brutto) für Neuanfänger. Es gibt einen
Pausenabzug von 45 Min., bei der Betriebs-
rente wurde gespart, die Dienstplan komprimiert und durch
Druck der Krankenstand gesenkt. Hemmungs- und protestlos wurden in den
letzten Jahren die Fahrpreise erhöht, von 1,45 Eur im Jahre 1996 auf
2.10 Eur Ende 2007.
Heute rühmt sich die KVG damit, bundesweit auf einem
oberen Tabellenplatz bei der Wirtschaftlichkeit zu stehen. Deshalb empfiehlt
jetzt der Betriebsrat den Rückkauf dieses schlanken Betriebes, bevor
er bei europäischer Ausschreibungspflicht den Global Player geopfert
wird, die den Betrieb ausschlachten und die relativ gute Qualität
des Kieler öffentlichen Nahverkehrs zerstören. Man solle der
KVG eine faire Chance geben, die Gewinne könnten dann auch komplett
nach Kiel gehen und nicht zur Hälfte nach Hamburg.
Ein Beispiel für die Auswirkungen, wenn große
Konzerne, die gerne einen strategischen Preis zahlen, den öffentlichen
Nahverkehr aufkaufen, lieferte die Stadt Wiesbaden, wo der privater Anteilseigner
den Betrieb weiterverkaufte. Dies führte zu einem 3-jährigen
Verkehrsdisaster, wodurch 6 Mio. Fahrgäste verloren gingen, bis die
Stadt Wiesbaden den Betrieb wieder von einem mittlerweile australischen
Investor zurückkaufte und neu aufbaute.
Hoffen wir also, dass die Parteien im Kieler Rat es ernst meinen und die KVG komplett zurückkaufen. Und wünschen wir uns doch auch für die Kollegen und Kolleginnen wieder Löhne, von denen sie leben können. Als letzter Wunsch sei denn noch erwähnt, dass die Fahrpreise wieder sinken sollten, um den Öffentlichen Nahverkehr nicht nur für die Individual-Luftverschmutzer, sondern auch für die minderbemittelten BürgerInnen bezahlbar zu machen. Möge die Stadt doch auf ihre Dividende zugunsten niedriger Fahrpreise und gutem Service verzichten.
Und hoffentlich lernen sie aus Fehlern vergangener Ganselei und lassen bei dem Grünen Vorzeigeprojekt einer Stadtregionalbahn die Finger weg vom sog. Publik Privat Partnership. Man sollte niemals einen Fehler zweimal machen.
1968 demonstrierten die Studenten der CAU (erfolglos) gegen die Fahrpreiserhöhung der Kieler Verkehrsbetriebe. Die Polizei griff hart durch, setzte Wasserwerfer ein und nahm mehrere Dutzend Studenten vorübergehend fest.