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Mit fanatischen Eifer geht der Berliner Innenminister Erhart Körting (SPD. Koalitionspartner Linkspartei) gegen Flüchtlinge und Einwanderer aus dem Libanon vor. Bestens integrierten Menschen wird die Aufenthaltserlaubnis verweigert, bereits eingebürgerten die Staatsbürgerschaft wieder aberkannt. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht (BVG) nach einem Bericht des Berliner Flüchtlingsrats den Schily-Verschnitt in die Schranken verwiesen. Einem Ehepaar, das im Libanon aufgewachsen ist, seit 1985 in Berlin lebt, hier sechs Kinder zur Welt gebracht und sich Anfang der 1990er hat einbürgern lassen, wollte die Berliner Innenverwaltung unbedingt die deutschen Pässe wieder entziehen. Begründung: Sie hätten ihre türkische Staatsbürgerschaft verheimlicht. Tatsächlich waren sie Kurden, faktisch staatenlos, da in den Libanon verschlagen, doch irgendjemand hat ihre Namen angeblich in türkischen Geburtsregistern ausfindig gemacht. Nun hat das BVG entschieden, dass selbst wenn die Einbürgerung durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zustande gekommen sein sollte, kann sie nur zeitnah und nicht erst, wie in den vorliegenden Fällen nach achteinhalb oder elf Jahren aberkannt werden.

Aufgrund des so genannten Dublin-II-Abkommens müssen Flüchtlinge in dem europäischen Land ihr Asylverfahren abwarten, in dem sie es zuerst beantragt haben. Ein Zweitantrag in einem anderen EU-Land ist ausgeschlossen und führt unmittelbar zur Abschiebung in das so genannte Erstaufnahmeland. Das hat zur Folge, dass sich die Flüchtlinge vor allem in den südlichen und östlichen EU-Grenzländern sammeln, die mit der überdurchschnittlichen Belastung weitgehend allein gelassen werden. In einem offenen Brief an alle 27 EU-Mitgliedsstaaten und die Europäische Kommission hat nun der europäische Flüchtlingsrat ECRE gefordert, alle Abschiebungen nach Griechenland einzustellen, da das Land kein sicherer Platz für Schutzsuchende sei. Den Asylsuchenden drohe Obdachlosigkeit sowie Schutz- und Rechtlosigkeit. Das Land habe außerdem die niedrigste Anerkennungsquote in der gesamten EU. Keinem einzigen irakischen Asylsuchenden wurde im Jahr 2007 in der ersten Instanz Schutz gewährt. Die deutsche Flüchtlings-
organisation PRO ASYL hat außerdem mehrere Fälle dokumentiert, in denen nach der Rücküberstellung nach Griechenland eine sofortige Inhaftierung des Asylsuchenden erfolgte, und zwar ohne Rechtsgrundlage.

Der Zynismus deutscher Behörden und Gerichte scheint keine Grenze zu kennen: Der hessische Verwaltungsgerichtshof hat schon im Februar die Abschiebung eines alleinstehenden jugendlichen, also minderjährigen Afghanen in den Bürgerkrieg mit folgenden Worten erlaubt: Der Kläger müsse zwar wegen der desolaten Versorgungslage damit rechnen, "ein kümmerliches Leben am Rande des Existenzminimums führen zu müssen, weil es für ihn ohne verfügbares familiäres Netzwerk und ohne Berufsausbildung schwer fallen dürfte, sich unter den dort gegebenen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen zu reintegrieren. Es sei aber angesichts seines Lebensalters und seiner Arbeitsfähigkeit nicht überwiegend wahrscheinlich oder gar sicher, dass er deshalb dort sein Leben verlieren und schwerste Beeinträchtigungen sonstiger wichtiger Rechtsgüter erleiden könnte."

 (wop)