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Kohlekraftwerke in Schleswig-Holstein:

Widerstand weiter nötig

Nun hat auch der Aufsichtsrat der Kieler Stadtwerke bestätigt, was schon seit der Vorstand bereits Anfang Februar vorgeschlagen hatte: Am 30. April fasste er ganz formell den Beschluss, die Planung für ein neues Kohlekraftwerk auf Eis zu legen. Gutachter des Berliner Büros des Öko-Instituts hatten empfohlen (siehe LinX 4/08), die Entscheidung um drei Jahre zu vertagen. Das Kraftwerk ist also keines Falls ad acta gelegt, sondern wird uns wohl noch ein wenig beschäftigen. In gewisser Weise ist das vielleicht ja sogar ganz gut so, denn es könnte ein Katalysator für eine sehr notwendige Diskussion über Kiels künftige Energiepolitik, über die Bekämpfung des Klimawandels auf der kommunalen Ebene, über die langfristige Sicherung der Versorgung mit Energie, Wasser und Mobilität – und zwar für alle – sowie schließlich über die demo-
kratische Kontrolle dieser grundlegenden Funktionen des Zusammenlebens in der Kommune sein. Ein wichtiges Datum für diese Debatte ist die Diskussionsveranstaltung der Bürgerinitiative für eine umweltverträgliche Energieversorgung in der Region Kiel. Unser Redaktionsmitglied Uwe Stahl hat aus diesem Anlass nebenstehendes Thesenpapier verfasst.

Auch wenn in Kiel die Kohlepläne vorerst aufgehalten sind, wird andernorts weiter geplant. Bundesweit sind seit Sommer 2007 bereits fünf Kraftwerke verhindert worden, aber 27 weitere sind entweder bereits im Bau – zum Glück nur in einigen ganz wenigen Fällen – oder werden von Stromkonzernen vorangetrieben. Leider beteiligen sich auch einige Stadtwerke an solchen Vorhaben. Im  nordrhein- westfälischen Lünen sollen zum Beispiel zwei Blöcke á 750 Megawatt (MW) entstehen, die ein ausschließlich von Stadtwerken  gebildetes Konsortium bauen will. Unter anderem beteiligt sich das Lübecker kommunale Versorgungsunternehmen. Die dortigen Grünen haben den Kohlefreunden allerdings vorgerechnet, dass die Angelegenheit nicht nur sehr klimaschädlich ist, sondern auch zum finanziellen Desaster werden könnte. Wie auch im Kieler Gutachten wurde nämlich die bereits jetzt spürbare Verteuerung der Kohle nicht in die Kalkulationen einbezogen.

Auch der Landtag hat sich kürzlich mit dem Thema Kohlekraftwerke beschäftigt. Dass die CDU dabei mal wieder den Vorreiter für den Klimakiller gemacht hat, konnte nicht wirklich überraschen. Etwas enttäuschend war, dass auch der SSW ein vorsichtiges  Pro-Kohle- Plädoyer hielt. Eher kabarettistisch die Einlage der SPD. Deren Energiepolitischer Sprecher Olaf Schulze hielt nach Angaben des NDR eine flammende Rede gegen die Verstromung der Kohle und wurde vom Koalitionspartner dafür gerüffelt.

SPD-Landeschef Ralf Stegner beeilte sich daraufhin, dass seine Partei den in Brunsbüttel geplanten Kohlekraftwerken nicht im Wege stehen wird. "Gegenüber Brunsbüttel als Energiestandort gibt es eine glasklare Zusage der SPD", diktierte er dpa in den Block. Allerdings müsse eine Alternative geprüft werden. Sollte sich keine finden, möchte er aber gerne – nach den Worten der Presseagentur –  "höchst- mögliche Energieeffizienz und ein Maximum an Klimaschutz" sehen.

In Brunsbüttel hat unterdessen der Stadtrat einen Vertrag mit SüdWestStrom aus Tübingen für den Bau eine 1800-MW-Kohlekraftwerks abgeschlossen. Baubeginn soll Ende 2009 sein. Der Vertrag stellt allerdings noch keine Baugenehmigung dar, sodass für die Brunsbütteler Bürgerinitiative, die sich gegen das Vorhaben gebildet hat, noch nicht aller Tage Abend ist. Eigentlich hätte sie für ihren Kampf gegen Schwermetalle und Treibhausgase auch ein bisschen Unterstützung aus der Region verdient, nicht zuletzt auch aus Kiel. Schließlich macht der Klimawandel nicht an den Stadt- oder Kreisgrenzen halt.
 

(wop)