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Kommunalwahl:
Linkspartei erobert die Ratshäuser

Diese Kommunalwahl hatte es zweifelsohne in sich: Die beiden Groß-Koalitionäre holten sich reihenweise blutige Nasen. Besonders in den größeren Städten wurden sie abgestraft. Flensburg: CDU -16,5 Prozent-
punkte, SPD -9, Kiel: CDU -16,1, SPD -1,4, Lübeck: CDU -24,5, SPD -3,6, Neumünster: CDU -11, SPD -7,5.

Kommunalwahlergebnisse in Schleswig-Holstein seit den 1960ern. Die SPD auf dem absteigenden Ast.

Weniger erfreulich ist hingegen, dass in der Kieler Ratsversammlung und im Kreistag von Lauenburg künftig je ein Vertreter der faschistischen NPD sitzen wird. In Kiel ist es das ehemalige CDU-Mitglied Hermann Gutsche, der auch Kreisvorsitzender seiner Partei ist. FDP, Grüne und SSW konnten zum Teil deutlich zulegen.

Bemerkenswert ist vor allem das Abschneiden der Linkspartei. Die Linke, die sich nach der Wahl etwas unbescheiden als "die größte außerparlamentarische Oppositionskraft" bezeichnete, erreichte landesweit immerhin 6,9 Prozent der Stimmen. Außer in Nordfriesland, wäre der Einzug in die Kommunalparlamente und Kreistage fast überall auch ohne die Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde geschafft worden.

Interessanterweise gab es das landesweit beste Wahlergebnis für Die Linke auf Helgoland, wo 16,1 Prozent erzielt wurden. Dafür gab es in der Gemeindevertretung zwei Sitze, genauso viel, wie für die CDU. Die größte Fraktion wird auf der roten Insel von der SPD gestellt, die vier Gemeindevertreter hat. Insgesamt gab es für Die Linke im Lande, die zuvor in keinem einzigen schleswig-holsteinischen Kommunalparlament saß, 55 Mandate. 2003 war die PDS noch bei den Wahlen in Kiel und Lübeck, den einzigen beiden Städten, in denen sie seinerzeit kandidiert hatte, kläglich gescheitert.

Besonders gut schnitt Die Linke in den kreisfreien Städten ab. Nur in Flensburg blieb sie mit 7,3 Prozent (drei Sitze) unter der Marke von zehn Prozent. In Lübeck gab es 11,7 Prozent (sieben Sitze), in Neumünster sogar 13,2 Prozent (fünf Sitze) und in Kiel 11,1 Prozent (sechs Sitze). Auch in einigen Gemeinderäten im Kieler Umland ist Die Linke vertreten, so in Preetz (ein Sitz) und Eckernförde (zwei Sitze).

Flensburg scheint allerdings ein Sonderfall zu sein. Dort sind der SSW und eine Wählergemeinschaft mit 22 und 22,3 Prozent die stärksten Parteien, und die SPD brachte es nur noch auf 15,9 Prozent. Die Wahlbe-
teiligung sank in Flensburg auf rekordverdächtige 40 Prozent. Im landesweiten Schnitt lag sie knapp unter 50 Prozent, in Neumünster und Lübeck war sie kaum höher als in Flensburg, in Kiel gingen 47 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. Zugleich stiegen die Zahl der ungültigen Stimmen überall auffällig. 1995 hatten sich in Schleswig-Holstein noch rund 70 Prozent der Wähler bei den  Kommunalwahlen ihre Stimme abgegeben, seit dem nimmt die Beteiligung kontinuierlich ab.

Besonders bunt wird es künftig in der Kieler Ratsversammlung. Neu vertreten sind außer einem Neonazi, ein Vertreter des SSW, vier Ratsfrauen und -herren der FDP und wie erwähnt die sechs Vertreter Linkspartei: Ayse Fahimli, Frank Bretschneider, Florian Jansen, Bernd Jenning, Stefan Rudau und Ingrid Zimmermann. Großer Verlierer ist die CDU, die acht Sitze abgeben musste und nur noch 16 Mitglieder der Ratsversammlung stellt. Die SPD hat mit 19 (+1) Ratsfrauen und -herren nun die stärkste Fraktion, und die Grünen konnten (unverdienter Weise) zwei Sitze hinzugewinnen und entsenden nun neun Vertreter. Die Mehrheitsfindung wird schwieriger und damit interessanter werden. Außer einer Kooperation von CDU und SPD ist keine andere Zweier-Konstellation denkbar. Wegen Überhangsmandaten ist die neue Ratsver-
sammlung deutlich größer als die vorherige.
 
 

Die neue Linksfraktion im Kieler Rathaus

In einer Erklärung der Kieler Linkspartei heißt es, dass man sich um mehr Transparenz in der Kieler Politik kümmern "und den Bürgern zu mehr Mitbestimmung verhelfen" wolle. Ihr Landessprecher Lorenz Gösta Beutin sieht in dem Wahlergebnis "ein klares Signal für Arbeit, soziale Gerechtigkeit, gute Bildung und menschenwürdige Lebensverhältnisse auch in Schleswig-Holstein. Dieses Ergebnis werden wir in den Kommunen nutzen, um konkrete Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger im Land zu erreichen. Für uns ist das eine großartige Basis, um bei den kommenden Landtagswahlen mit einer starken Fraktion einzuziehen.“

Sorgen mache der Einzug der NPD in Kieler Rat und den Lauenburger Kreistag. Beutin: „Wir werden die Neonazis nur bekämpfen können, wenn wir auch gegen seine sozialen Ursachen wie gesellschaftliche Ausgrenzung und Armut vorgehen.“ Ansonsten wolle man sich jetzt auf den weiteren Aufbau der Partei in den Kreisverbänden konzentrieren. Landessprecherin Antje Jansen: „Die Themen, die wir im Wahlkampf gesetzt haben, werden wir auch weiter vertreten: Gegen Kinderarmut, für eine Schule für alle, gegen Hartz IV und Ein-Euro-Jobs und gegen Privatisierungder öffentlichen Daseinsvorsorge.“

     (wop)