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Kommentar:
Brauchen wir AKW?

Die Atomlobby macht dieser Tage viel Wind. Die deutschen Energiekonzerne wollen unbedingt ihre alten Meiler länger laufen lassen, und zwar vorzugsweise die ältesten, vielfach reparierten und geflickten wie Brunsbüttel oder Biblis. Der Grund liegt auf der Hand: Die alten Anlagen sind abgeschrieben und daher reine Gelddruckmaschinen. Mit ihnen lässt sich pro Anlage im Jahr ein Gewinn von 200 bis 400 Millionen Euro erzielen. Doch obwohl dieses Interesse den meisten Menschen bewusst ist und auch eher abgelehnt wird, verfangen die Argumente. Brauchen wir die AKW nicht, um klimafreundlich elektrische Energie bereitstellen zu können?, fragt sich mancher. Umfragen zeigen, dass die Zustimmung für verlängerte Restlaufzeiten steigt.

Auch mit einem anderen Argument wird geködert: Laufzeitverlängerung würde die Stromrechnung ent-
lasten. Ist das glaubhaft? Die Energiekonzerne haben in den vergangenen Jahren ihre CO2-Emissions-
zertifikate vom Staat geschenkt bekommen, aber einen fiktiven Preis in den Strompreis eingerechnet. Etliche Milliarden Euro zusätzlichen Gewinns wurden damit gemacht. Wieso sollten die gleichen Konzerne den Verbrauchern nun auf einmal etwas schenken?

Aber wie sieht es mit dem Strombedarf aus? 2007 haben deutsche AKW 22,1 Prozent des deutschen Verbrauchs gedeckt. Der ließe sich jedoch deutlich senken. 78 Milliarden Kilowattstunden (KWh), 14 Prozent des Verbrauchs, werden in Deutschland zum Beispiel für Heizen und Warmwassergewinnung eingesetzt. Das wäre energetisch wesentlich sinnvoller mit Blockheizkraftwerken und  Nahwärme zu bewerk-
stelligen. Mit entsprechender staatlicher Förderung und Verboten ließe sich dieser Posten innerhalb weniger Jahre von der Liste streichen. Oder Standby: 22 Milliarden KWh werden dafür hierzulande jährlich unnötig vergeudet. Zusammen sind das bereits 18 Prozent des deutschen Stromverbrauchs, die ohne den geringsten Komfortverlust einzusparen wären. Damit wären die AKW schon fast vollständig überflüssig, und anderswo gibt es  weitere Einsparpotenziale, von den erneuerbaren Energieträgern gar nicht zu reden. Doch deren Ausbau wird gerade durch die zentralistische Struktur der Energiewirtschaft, die sich u.a. in den AKWs manifestiert, blockiert.

          (wop)