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15.-24. August 2008 in Hamburg:

Gemeinsames Klima- und Antirassismuscamp

Mit mindestens 800 Teilnehmern rechnen die Veranstalter ab Mitte August beim Klimacamp 08 in Hamburg. Zeitgleich wollen Flüchtlingsinitiativen am selben Ort ihr alljährliches Antirassismuscamp abhalten, sodass mit insgesamt 2.500 linken Campern gerechnet wird. Das Problem: Ausgerechnet der Hamburger Senat mit grüner Beteiligung weigert sich stoisch, den Aktivisten bei der Suche einer Campfläche aktiv zur Seite zu stehen.

"Wir haben einen Spießrutenlauf durch die Ämter hinter uns", sagt Ines Koburger von der Campvor-
bereitung der in Berlin erscheinenden taz. Alle Vorschläge seien jedoch von den Bezirksämtern abgelehnt worden. Da die zuständigen Behörden keine passenden  Alternativ- flächen angeboten haben und sich auch der schwarz-grüne Senat bislang zurückhält, haben sich die Klimacamper für einen Park auf der Halbinsel Entenwerder in unmittelbarer Nähe zur Hamburger Innenstadt entschieden. "Wenn die Stadt nicht mit uns kooperiert, werden wir eine Fläche besetzen", kündigte Koburger an. Damit sei zwar allen Seiten nicht geholfen. Das Klimacamp werde aber auf jeden Fall stattfinden.

Inspiriert von den G-8-Protestcamps haben britische Umweltaktivisten 2006 zum ersten Mal das "Camp for Climate Action" ins Leben gerufen, um gemeinsam über Strategien gegen den Klimawandel zu diskutieren. Das Hamburger Klimacamp vom 15. bis zum 24. August ist das erste seiner Art in Deutschland. An der Vorbereitung beteiligen sich unter anderem das globalisierungskritische Netzwerk Attac, seine Jugend-
organisation Noya, die Grüne Jugend und die Linkspartei-Jugendorganisation Solid. Klimacamps gibt es in diesem Sommer auch in Australien, Neuseeland, Großbritannien und Schweden.

Hamburgs grüne Stadtbau- und Umweltsenatorin Anja Hajduk übt sich in vornehmer Zurückhaltung. Als "reine Bezirkssache" bezeichnete ihr Sprecher Volker Dumann den Konflikt. Falls es tatsächlich zu keiner Einigung komme, müsse der Senat einspringen, sagte der Sprecher. "Aber erst mal sind wir da raus."

Die besagte Fläche auf Entenwerder gehört zum Bezirk Mitte, der von einer rot-grünen Mehrheit regiert wird. Politisch sei das  Klima- camp völlig in Ordnung, sagt Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen in Mitte. Der Park Entenwerder würde allein aus  "formalrechtlichen Gründen" nicht infrage kommen, weil Kampieren in Hamburger Parks verboten sei. Auch sei Entenwerder eine grüne Lunge für die sozial Schwachen. "Die kann man den Bewohnern nicht eine Woche und länger wegnehmen", sagte Osterburg.

Vor allem weil die Teilnehmer des Klimacamps auch gegen das geplante Kohlekraftwerk in Moorburg protestieren wollen. An diesem Neubau werde sich zeigen, wie standhaft die Grünen beim Thema Klimaschutz sind, sagte Chris Methmann vom  Attac-Koordinierungskreis. Es gebe "Zeichen, dass die grüne Front wankt". Die Aktivisten planen unter anderem den Bauplatz des Kraftwerks zu besetzen. Die Zeit des Camps könnte für die Hamburger Grünen somit eine unangenehme Zwickmühle werden: auf der einen Seite die  Law-and- Order-Fraktion beim Koalitionspartner CDU und auf der anderen die potenzielle eigene Wählerklientel, die mit Besetzungen droht.

Dass die Platzvergabe keineswegs nur an ordnungsrechtlichen Bestimmungen hängt, sondern politisch entschieden werden kann, zeigt sich an der Reaktion des Grünen-Fraktionschefs im Bundestag, Jürgen Trittin. In einem Brief kritisiert der ehemalige Umweltminister den Beschluss der Wilhelmshavener Stadtverwaltung, die sich ebenfalls weigert, ein "Klimacamp" der Grünen Jugend zuzulassen. Es sollte "im Sinne jedes Verantwortlichen sein, Diskussionsprozesse – gerade zum Klimaschutz – zu unterstützen und nicht zu blockieren", schrieb Trittin. Ansonsten brauche man sich über die Politikverdrossenheit mancher Jugendlicher nicht zu wundern. Fest steht schon jetzt: Die Klimaretter werden auf dem Camp in mehrfacher Form vertreten sein. Unser Redakteur Wolfgang Pomrehn wird genauso aus seinem Buch lesen, wie "Wir-Klimaretter"- Autor Toralf Staud einen Mitmach-Kurs für das Internetmagazin "wir-klimaretter.de" geben wird. Weitere Details demnächst unter www.wir-klimaretter.de

Als die Initiatoren des Klimacamps am 24. Juli in Hamburg eine zweistündige Pressekonferenz im Hamburger Hafen abhielten wurden sie gleich von drei Schnellbooten der Wasserschutzpolizei begleitet. Kein freundliches Zeichen des schwarz-grünen Senats. "Der Einsatz der Wasserschutzpolizei zur Beobachtung einer Pressekonferenz ist ein klares Signal des schwarz-grünen Senats, dass er die Kommunikationsgrundrechte, insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit, genauso wie die Versammlungsfreiheit missachtet", kritisierte Christiane Schneider, Innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Bürgerschaft.

Die Drohung des rot-grünen Bezirksamtleiters Markus Schreiber gegenüber den Initiatoren des Camps, bei einem Verstoß gegen die Grünflächenverordnung Zwangsgelder in Höhe von bis zu 25.000 Euro zu verhängen, sei unverhältnismäßig. (siehe auch www.linksfraktion-hamburg.de) Immerhin konnte durch die Pressekonferenz das Schweigen der Presse durchbrochen werden und die Bildzeitung berichtete z.B. unter dem Motto "Linke planen Chaos Camp" und "Chaoten-Camper drohen Hamburg" von einer E-Mail-Flut aus ganz Deutschland an den Bürgermeister Ole von Beust und „Wir kommen trotz Verbot“.

In den Schreiben der Klimacamper heisst es u.a.:  "Es ist uns sehr wichtig einen zentral gelegenen Ort nutzen zu können um zu diskutieren, uns zu vernetzen und neue Kraft für Aktionen zu sammeln. Wir wollen mit tausenden anderen Menschen die Auseinandersetzung mit den Themen Antirassismus und Klimawandel vorantreiben.

Mit diesem Schreiben wollen wir unser Unverständnis ausdrücken, dass trotz etlicher Bemühungen ein Vertrag über einen Platz noch nicht zustande gekommen ist. Ein Camp mit funktionierenden Sanitär-
einrichtungen und der notwendigen Infrastruktur bedarf einiger Vorbereitungszeit. Da es bisher keine Zusage für einen Campplatz gab, konnte mit entsprechenden Vorbereitungen nicht begonnen werden. Seien Sie jedoch gewiss, dass wir uns von der Unsicherheit, ob ein Platz zur Verfügung gestellt wird, nicht abschrecken lassen. Wir sind uns sicher in Hamburg Orte zu finden, an denen wir unsere Zelte aufschlagen können, auch wenn wir so im Zweifel auf eine gut funktionierende Infrastruktur verzichten müssen.

Wir hoffen auf Ihre Unterstützung bei der Platzfindung, doch werden wir in jedem Fall kommen um zu campen und die Proteste gegen die herrschende Klima- und Migrationspolitik in die Hamburger Öffentlichkeit zu tragen. Ob nun wie von uns gewünscht mit  Nutzungsvertrag oder anders, ob mit Dixis oder ohne, ob in Entenwerder, vor dem Rathaus oder auf der Moorweide, wir sind das Camp08."

Die grobe Planung des Ablaufs des Camps.

In Kiel ist es jetzt wichtig, in Bürgerinitiativen und Organisationen für die Teilnahme an dem Camp zu mobilisieren. Die BI gegen ein neues Kohlekraftwerk in Kiel trifft sich am Mo.,11.8. um 19 Uhr in der Pumpe. Hier geht es u.a. darum, die Anreise aus Kiel zu organisieren. Weitere Infos wie den Aufruf, Flugblätter, Plakate, das konkrete Programm und die aktuelle Situation finden sich unter:
www.klimacamp08.net.

(uws)